Martin Luther als „Junker Jörg“, Brustbild nach links, vor Wolken

Martin Luther als „Junker Jörg“, Brustbild nach links, vor Wolken

Druckgrafik, Lichtdruck

Die vorliegende Darstellung Luthers als „Junker Jörg“ konnte im Rahmen des KKL erstmals als fotomechanische Reproduktion des 19. Jahrhunderts nach einem Abzug des Cranach’schen Holzschnitts (II.D1) identifiziert werden. Die einzelnen Exemplare galten bisher als Abzüge des originalen Holzschnitts und konnten in drei öffentlichen Sammlungen nachgewiesen werden.[1]

Das Druckbild der Reproduktion zeichnet

Die vorliegende Darstellung Luthers als „Junker Jörg“ konnte im Rahmen des KKL erstmals als fotomechanische Reproduktion des 19. Jahrhunderts nach einem Abzug des Cranach’schen Holzschnitts (II.D1) identifiziert werden. Die einzelnen Exemplare galten bisher als Abzüge des originalen Holzschnitts und konnten in drei öffentlichen Sammlungen nachgewiesen werden.[1]

Das Druckbild der Reproduktion zeichnet sich gegenüber der Vorlage Cranachs durch einige Besonderheiten aus, die ihre Identifizierung erleichtert. Augenfälligstes Merkmal ist ein den Buchstaben „A“ des Wortes „HABITV“ in der Superscriptio durchquerender Strich in diagonaler Ausrichtung, der offenbar während des Druckverfahrens versehentlich entstanden ist. Als Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Holzschnitt-Abzügen kann außerdem das Fehlen jeglichen Tiefenreliefs gelten, was aus dem fotomechanischen Verfahren resultiert. Weiterhin weisen alle Exemplare des vorliegenden Werks, bei Vergrößerung betrachtet, ein vor allem in den Randbereichen auftretendes sogenanntes „Runzelkorn“ auf, das ein typisches Merkmal der seit 1856 angewandten Reproduktionstechnik des Lichtdrucks darstellt.[2]

Als Vorlage für den vorliegenden Lichtdruck diente ein nicht näher bestimmbares Exemplar der zwischen 1546 und 1579 entstandenen Auflage C des Cranach-Holzschnitts. In einem Beitrag von 1876 behandelt Alfred von Sallet einen von ihm als Original bezeichneten Abzug dieser Auflage aus Privatbesitz und gibt eine im Format verkleinerte Reproduktion des Blattes heraus.[3] Diese deckt sich mit dem vorliegenden Werk bis hin zum verräterischen Diagonalstrich im „A“ von „HABITV“.[4] Sallet gibt zudem einen Hinweis auf eine originalgroße Reproduktion dieses Abzugs, die von Johannes Nöhring und Albert Frisch hergestellt worden sei.[5] Der Lübecker Fotograf und Verleger Nöhring, spezialisiert auf die Reproduktion von Kunstwerken, holte sich 1874 den im Lichtdruck ausgebildeten Fotografen Albert Frisch an seine Seite. Ihre Zusammenarbeit war jedoch nicht von kommerziellen Erfolg gekrönt, weshalb Frisch eine eigene Firma in Berlin eröffnete und die Verbindung mit Nöhring bereits 1876 wieder auflöste.[6] Es ist daher sicher nicht verfehlt anzunehmen, dass die bei Sallet erwähnte originalgroße Reproduktion von Nöhring und Frisch identisch mit dem vorliegenden Lichtdruck ist und somit im kurzen Zeitraum ihrer Zusammenarbeit von 1874 bis 1876[7] entstanden sein dürfte.[8]

Daniel Görres, Thomas Klinke


[1] Coburg, Kunstsammlungen der Veste, Inv.-Nr. H0064; Münster, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Inv.-Nr. C-601123 PAD, Melbourne, National Gallery of Victoria, Inv.-Nr. 425/5.

[2] Zum Lichtdruck und seinen technischen Eigenheiten vgl. Katalogeintrag zu II.D-Sup02.

[3] Vgl. Sallet 1876, S. 78–79.

[4] Das von Sallet, ebd., S. 79, als Original angesehene Blatt weise als Wasserzeichen eine „kleine Krone“ auf. Ob es sich tatsächlich um ein Original oder einen der Lichtdrucke handelte, muss freilich offen bleiben.

[5] Vgl. ebd., S. 78, Anm. 1: „In der Größe des Originals (0,36 und 0,205 mit der Schrift) erschienen in der Kunstanstalt von Nöhring & Frisch, Berlin und Lübeck.“

[6] Zu Nöhring und Frisch, vgl. Zimmermann 2020, S. 1937. Für seine Auskünfte sei Jan Zimmermann herzlich gedankt.

[7] Die beiden auf Vergé-Papieren abgezogenen Exemplare in Coburg und Münster weisen ein ähnliches, jedoch nicht identisches Wasserzeichen auf. Es zeigt jeweils ein barockisierendes Ornament, im Hochoval mit Kreisen gefasst. Das Coburger Exemplar ist mit einem Baselstab gefüllt, das Münsteraner mit einer schreitenden Figur im seitlichen Profil. In der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums Köln konnte ein technisch sehr ähnlicher Lichtdruck nach Hendrik Goltzius’ Hercules Farnese nachgewiesen werden (Inv.-Nr. 7011). Dass dieser in Drucktechnik, Art und Struktur des Papiers und wiederum im Wasserzeichen große Ähnlichkeiten aufweist, deutet auf einen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts florierenden Markt mit Lichtdrucken populärer Motive hin, welche offenbar durchaus den Anspruch hatten, ein höheres Alter zu imitieren.

[8] Bisher ließ sich ein „Junker Jörg“-Lichtdruck, der klar mit den Namen Nöhring oder Frisch assoziieren werden kann, nicht nachweisen.

Quellen / Publikationen:

Sallet 1876.

Zuschreibung
Kunstanstalt Nöhring und Frisch, Lübeck und Berlin (?), Inventor*in

Zuschreibung

Kunstanstalt Nöhring und Frisch, Lübeck und Berlin (?), Inventor*in

[KKL 2022]

Datierung
nach 1856, möglicherweise zwischen 1874 und 1876

Datierung

nach 1856, möglicherweise zwischen 1874 und 1876

[KKL 2022]

Maße
Darstellung: 281 (+/-2) x 205 (+/-2) mm

Maße

  • Darstellung: 281 (+/-2) x 205 (+/-2) mm

  • [Thomas Klinke, KKL 2020]

Signatur / Datierung

Keine

CDA ID
ANO_H-NONE-016
KKL-Nr.
II.D-Sup02, Teil des KKL-Anhangs
Permalink
https://lucascranach.org/de/ANO_H-NONE-016/

Abzüge

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

Eintrag mit Autor
<Autorenname>, 'Martin Luther als „Junker Jörg“, Brustbild nach links, vor Wolken', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/ANO_H-NONE-016/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
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'Martin Luther als „Junker Jörg“, Brustbild nach links, vor Wolken', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/ANO_H-NONE-016/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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