Madonna mit der Weintraube

Bilder von Madonnen und anderen mariologischen Themen nehmen im Werk Lucas Cranach d. Ä. und seiner Werkstatt einen beachtlichen Teil ein. Die halbfigurige Darstellung der Maria mit Jesusknaben ist in einer variantenreichen Vilefalt überliefert. Die Madonna mit Weintraube der Wartburgsammlung gehört in die große Zahl dieser Darstellungen. Die junge und außerordentlich zärtliche Maria erscheint vor einem dunklen, goldgesäumten Vorhang, den zwei Engeln emporhalten. Der Vorhang, der den Hintergrund fast gänzlich ausfüllt, lässt keinen Raum mehr für die Einbettung in eine umgebende Landschaft, er rückt die mild beleuchtete Interaktion zwischen Mutter und Kind ohne "weltliche Zutaten" in das Zentrum. Maria, in ein dunkles Gewand mit weißen Puffärmeln und einen roten Mantel gekleidet, hat das auf ihrem Schoß stehende Christukind leicht mit der rechten Hand umfasst. In ihrer linken Hand hält sie eine Weinrebe vor der Brust. Ein zarter Schleier fällt über das lange Haar und bedeckt die Stirn. Der Knabe ist seiner Mutter zugewandt, er hat der Rebe eine Traube entnommen, die er seiner Mutter zum Mund führt. Die Mundreichung der Weintraube weist auf den Opfertod Christi als Sündenerlösung der Menschheit und die Eucharistie. Die bemerkenswerte Intimität dieser Szene ist durch die einander zugewandten Blicke betont, die den Betrachter lediglich zum Zeugen der Handlung werden lassen.

Mit diesen deutlichen Veränderungen, der Reduktion des Bildhintergrundes und Konzentration auf die menschliche Verbindung von Mutter und Kind, aufgeladen mit der Symbolik der Weinbeere, lässt sich das Werk in die 1530er Jahre einordnen, in der eine Anzahl vergleichbarer Darstellungen entstand.

[Wartburg-Stiftung, revised 2013]