Bildträger
- Sechs hölzerne Bretter von gleicher Breite, vertikal angeordnet
- Die Funde sind mit Lindenholz vergleichbar, einer Holzart, die oft im Werk des Malers auftritt, und, zu einem gewissen Grad, mit Buchenholz, einem Hardholz, das jedoch oft von Holzwürmern befallen wird. Buchenholz zählt zu den Holzarten, die Cranach in den 1520er und 1530er Jahren bevorzugte. Dendrochronologische Untersuchungen können aufgrund des Zustands des Bildträgers nicht ausgeführt werden.
[Poldi 2010, 115, 120 Fn. 4]
Grundierung und Imprimitur
- Weiße Grundierung enthält Kalzium und Strontium [1] (Kalziumcarbonat), möglicheriwese bedeckt mit einer Schicht weißer Imprimitur um einen wasserfesten, reflektierenden Hintergrund zu gewährleisten (üblicherweise mit Bleianteil).
[1] Die Varianz des Anteils an Strontium (einem möglichen Ersatzstoff für Kalzium auf molekularer Ebene) und Kalzium erlaubt uns zu ermitteln in welchen Bereichen die Grundierung von Malschichten in unterschiedlicher Stärke bedeckt ist.
[Poldi 2010, 117, 121, fn. 14]
Unterzeichnung
Die Unterzeichnung ist teilweise mit dem bloßen Auge sichtbar. Sie besteht ausschließlich aus Umrisslinien und ist nur teilweise unter den Konturen der Figuren auszumachen. Außerdem gibt sie Details der Hände und Gesichter an. Ausgeführt wurde sie mit einem wässrigen grau-schwarzem Medium, möglicherweise wurden die restlichen Bereiche von der schwarzen Hintergrundfarbe überdeckt, die bis an die Ränder der Figurkonturen heranreicht. Eine Auswertung ist weiterhin dadurch erschwert, dass einige Konturlinien vom Künstler während der finalen Ausführung zusätzlich verstärkt wurden. Darüber hinaus sind sehr flüssig ausgeführte Linien auszumachen, die den Umrissen der Arme und Beine der Venus folgen und Bereiche ihrer Brust festlegen, anscheinend ausgeführt mit einem Pinsel: Diese zeigen die ursprünglich vorgesehene Position der Figuren, die in gleicher Haltung angelegt waren. Anders als bei Cupido - wo das Fehlen solcher Anzeichen eine vorbereitende Studie oder Schablone vermuten lässt - scheint es, dass der Maler für die größere Figur die Fläche der Tafel mit seinen Vorzeichnungen ohne vorbereitende Studien füllte. Der Umstand, dass vergleichbare Spuren beim Gesicht der Venus fehlen, könnte darauf hindeuten, dass der Künstler die Göttin mit Hilfe einber vorbereitenden Studie auf Papier anlegte, was üblich für die Portraitmalerei war.
Die Infrarotreflektografie [1] zeigt weitere Anzeichen von Pinsellinien unter dem Haarnetz der Venus [...]
Keine Unterzeichnung ist unter den Buchstaben "W.A.F." auszumachen.
Die Reflektografie konnte keine Jahreszalh ausmachen, von der Quellen [2] berichten, dass sie sich auf dem Baumstamm in der Nähe der Schlangensignatur befunden haben soll.
[1] Eine Digitalkamera (CCD-Silizium-Detektor) wurde für die Infrarotreflektografie benutzt (IRR, zwischen 0.8 und 1 Mikrometer) und für die Falschfarben-Infrarotreflektografie (IRC) genutzt; diese wurde ebenso für Aufnahmen unter diffusem Licht und Streiflicht sowie für Makroaufnahmen genutzt. IRR-Analysen wurden mit einer CEDIP JADE SWIR J 220 Telecamera mit MCT-Detektor (Reflektografie in Breitband 0.8-2.5 Mikormeter) wiederholt, die nach einem Scanschema vorgeht.
[2] Vgl. Eintrag und Essay von Kristina Hermann Fiore zum Gemälde im Exhib. Cat. Rome 2011.
[Poldi 2010, 117-118, 121, Fn. 15, 18]
Farbschichten und Metallauflagen
- Die bemalte Fläche reicht bis zu den Rändern der Tafel
[...] die Palette des Malers ist, wie die Untersuchung ergab [1], relativ limitiert hinsichtlich der Wahl der benutzten Pigmente und der Wahl einfacher Mischungen und Schichtungen. Mehr gräulich-braune als brauen Pinselstriche wurden genutzt, um den Baumstamm auszuführen - unter Zufügung von schwarzen Pigmenten mit braunen Erden, um den Farbton besser an den Hintergrund anzupassen - und dabei die noch durchscheinende weiße Grundierung ausnutztend. [...] Die Grasvegetation unter Cupidos Füßen besteht aus Grünspan-Pigmenten [2] mit Bleiweiß. Die Ausführung des Bodens ist ebenfalls sehr einfach gehalten: die Konturen der Steine wurden ausgeführt und dieses dann mit grauen und weißen Lasuren versehen; Schattierungen wurden aufgetragen und die Konturen dann mit schwarzer Farbe verwischt.
Für das inkarnat wurde eine Mischung aus Bleiweiß und Zinnober benutzt [3] mit entweder Ocker oder Erdpigmenten und Schwarz für die Schattierungen [4]. Das Streiflicht zeigt, dass die Glanzlichter zuletzt gesetzt wurden. Mit Schwarz wurden die Venen an den Schläfen der Venus betont. Bei ihren Lippen lässt sich zusätzlich zu Zinnober Rotlack, gewonnen aus Krapp (Rubia tinctoria) nachweisen [5]. Eine ähnliche Mischung, aber mit zusätzlichem Schwarz, um die Schattierungen zu modulieren, wurde für den Hut genutzt.
Die Flügel Cupidos wurden mit Azurit ausgeführt, Weiß für die Schraffen der Federn. Mit gelbem Ocker wurde die Honigwabe ausgeführt und Bleizinngelb für die Inschrift und in kleinerem Umfang für die Haare benutzt. Braunerden (ohne Mangan) kamen für die dunklen Punkte zum Einsatz. Mit den gleichen braunen und schwarzen Pigmenten wurden die Bienen ausgeführt.
Der schwarze Hintergrund enthält eine hohe Menge Zink. Wegen dem gleichen Anteil von Zink und Eisen kann angenommen werden, dass der Künstler Erdpigmente nutzte, die reich an Zink [6] und Schwarzanteilen waren. [7]
[1] Die Untersuchung wurde an mehr als 50 Messpunkten durchgeführt, die bei der Diffus-Reflektions-Mikroskopie im sichtbaren Spektrum beständig waren. Ziel war es anorganische und organische Pigmente in der Malschicht auszumachen; außerdem mittels EDXRF (auch XRF) die Suche nach chemischen Elementen, ohne dass eine Probenentnahme notwendig ist. Der kombinierte Einsatz solcher Technologien gilt gemeinhein als geeignet um eine einfache statigraphische Sequenz zu rekonstruieren. Für den Bereich des sichtbaren Lichts wurde ein Minolta CM 2600d Spectrophotometer, ausgestattet mit eingebauter Ulbrichtkugel, Geometrie d/8, Spektralband 360-740 nm, und Spektralauflösung 10 nm, 3mm Durchmesser Messbereich, benutzt. Für die EDXRF benutzten wir ein Tracer Turbo Spectrometer von der Firma Bruker, mit einer Röntgenröhre (Spannung gleich mit 40 kV, 0.022 mA), ausgestattet mit einem "silver target"-SDD-Detektor, der im vergleichbaren Messbereich arbeitet; Messzeitraum betrug 40 Sekunden. Für eine Beschreibung der Verfahren des erwähnten Tests, vgl. den ersten Abschnitt von [Poldi, Villa 2006].
[2] Das Vorkommen von Kupferacetat ("grünspan" in Dokumenten Cranachs genannt) wurde im Spektrum sichtbaren Lichts mit einer Absorptionsbandbreite von 700-720 nm nachgewiesen. Diesen Typ des Grünpigments nutzte Cranach meistens, in einigen Werken wurde jedoch auch auf das kostbarere Malachit zurückgegriffen.
[3] Wir können nicht mit Sicherheit feststellen, ob es sich um ein mineralisches Cinebarit (Quecksilbersulfit) oder künstlichen Zinnober handelt.
[4] Wenn Schwarz für das Inkarnat oder den Baumstamm genutzt wurde, blieben die Pinselspuren typischerweise sichtbar.
[5] Das Auftreten von Krapplack ist durch die Absorptionsbandbreite von ungefähr 510 und 550 nm im sichtbaren Spektrum nachweisbar (vgl. [Poldi 2008]).
[6] Kein anderer Nachweis von zinkreichen Erdpigmenten in Werken Cranachs war möglich (dank der vis-RS-Analyse können wir ausschließen, dass Zink aufgrund der Nutzung von Zinkweiß von Restauratoren vorhanden ist), was Schlüsse auf die Herkunft des Materials möglich macht. Ähnliche Arten von Erdpigmenten wurden bei einigen Gemälden aus Italien nachgewiesen, besonders zum Beginn des 16. Jahrhunderts (etwa bei einigen späten Werken Peruginos und stellenweise bei venezianischen Malern wie Cima da Conegliano, Lorenzo Lotto, Liberale da Verona, Giovanni Martini da Udine; jedoch sind auch Beispiele toskanischer Tafeln des 14. Jahrhunderts bekannt. Vgl. dazu [Poldi, Bonizzoni 2009, 141-142, Fn. 19]; [The Perugino's Palette 2004]
[7] Es ist unklar, ob das Schwarzpigment pflanzlicher Herkunft ist (zweifellos die von Cranach meist genutzte Art) oder tierischer Herkunft, z. B. von verkohlten Knochen. Interessant ist das Fehlen nenneswerter Mengen von Grünspan, der normalerweise bei schwarzen Pigmenten als Trocknungsbeschleuniger und zur Verdichtung der Mischung genutzt wurde. Hier und bei anderen untersuchten Bereichen (mit Ausnahme der grünen und blauen Bereiche) kann der eher geringe Kupferanteil auf Verunreinigungen (zufälliges Auftreten) zwischen den vorbereitenden Malschichten hindeuten.
[Poldi 2010, 115-117, 120, 121 Fn. 6-12]
- untersucht von Gianluca Poldi