Martin Luther ist in diesem Bildnis als Mönch im Ordenshabit als Halbfigur nach rechts mit erhobener rechter Hand und einem Buch im Anschnitt wiedergegeben. Der vorliegende Holzschnitt greift stilistisch Lucas Cranachs d. Ä. Kupferstich (I.2D1) auf.[1]
Bereits Gisela Möncke nimmt an, dass der Druck „direkt auf den Kupferstich Cranachs zurückgeht,
Martin Luther ist in diesem Bildnis als Mönch im Ordenshabit als Halbfigur nach rechts mit erhobener rechter Hand und einem Buch im Anschnitt wiedergegeben. Der vorliegende Holzschnitt greift stilistisch Lucas Cranachs d. Ä. Kupferstich (I.2D1) auf.[1]
Bereits Gisela Möncke nimmt an, dass der Druck „direkt auf den Kupferstich Cranachs zurückgeht, nur dessen Nischenhintergrund und die unter dem Portrait platzierte Inschrift weglässt.“[2] Für ein Abhängigkeitsverhältnis zum Stich Lucas Cranachs d. Ä. spricht allerdings weniger das Weglassen einzelner Komponenten, als vielmehr die horizontal gespiegelte und in der Höhe annähernd deckungsgleiche Gesamtzeichnung, der Gestus, die Haltung der Figur sowie die Übernahme eines eher sekundären Merkmals wie der schematisch auf dem Kuttenaufschlag angesetzten groben Falte, die auch im Kupferstich Lucas Cranachs d. Ä. zu finden ist. Diese Falte fehlt im Holzschnitt Hans Baldung Griens (I.2D2) und dessen Nachschnitten.
Die jüngere Literatur geht davon aus, dass die Offizin Johann Schotts in Straßburg zum Jahresende 1520 Lucas Cranachs d. Ä. Kupferstich nutzte, um ihn für den Zweck der Illustration im Buchdruck in Holz schneiden zu lassen.[3] Die graphische Übersetzung eines Kupferstichs in einen Holzschnitt war geläufige Werkstattpraxis. Eine zeitnahe Entstehung des vorliegenden Holzschnittes nach der Vorlage Lucas Cranachs d. Ä. (I.1D2) erscheint plausibel; Hans Baldung Grien könnte somit Kenntnis dieses Holzschnitts gehabt haben.
Das Bildnis fand in der unfirmierten und undatierten Druckschrift Ohne Ablass von Rom eines anonymen Verfassers Verwendung, die möglicherweise dem Augsburger Drucker Melchior Ramminger zuzuschreiben ist.[4] Es ist blattfüllend unter dem Titel platziert und rückseitig bedruckt. Die insgesamt sieben im Rahmen des KKL autopsierten Belege weisen eine auffällig ähnliche Struktur der zu ihrer Herstellung verwendeten Papiere auf. Auch die Anordnung des Bildnisses ist nahezu identisch. Dasselbe Wasserzeichen (gotischer Buchstabe „P“, darüber eine Vierblattblüte an einkonturiger Stange) tritt in dreien dieser Belege an stets gleicher Stelle auf.[5] Diese Beobachtungen legen nahe, dass sämtliche der im KKL erfassten Belege einer zeitlich und örtlich verwandten Druckkampagne entstammen.
Ein Nachschnitt dieses Bildnisses ist im Holzschnitt I.1D4 zu finden, der in Michael Buchfürers Wider die Verkehrer und Fälscher 1523 in Erfurt erschien. Eine Datierung des vorliegenden Holzschnitts I.1D3 zwischen Jahresende 1520 und vor dem Erscheinen des Nachdrucks ab Juli 1523 ist damit gesichert.
Die Druckschrift Ohne Ablass von Rom wurde in einer weiteren Auflage mit dem berühmten Holzschnitt versehen, der verschiedene Szenen eines regen Ablasshandels in einen Kircheninnenraum verlegt.[6] Er wird Heinrich Vogtherr d. Ä. als Künstler und Melchior Ramminger als Drucker zugeschrieben, ist nach Helmut Gier und Johannes Janota aber gegenüber der hier behandelten Ausgabe als sekundär anzusehen.[7]
Verwendung in Druckschriften:
On Applas von Rom.|| kan man wol selig werden/ durch || anzaigung der goͤtlichen hailigen geschryfft.||
VD16 O 526
Format: Quart
Offizin: Melchior Ramminger [KKL 2022]
Erscheinungsdatum: zwischen Jahresende 1520, vor Juli 1523 [KKL 2022]
Position im Buchverbund: A1r
Amalie Hänsch, Thomas Klinke
[1] Die Vermutung Hagelstanges 1907, S. 106, dass der Holzschnitt I.2D8 als Vorlage gedient habe, ist nicht zu plausibilisieren. Zur Zusammenarbeit Heinrich Vogtherrs d. Ä. mit der Offizin Melchior Rammingers vgl. Muller 1990, S. 182.
[2] Möncke 2011, S. 129.
[3] Vgl. Kaufmann 2019, S. 295, Anm. 92.
[4] Vgl. Gier / Janota 1997, S. 264.
[5] Obgleich dieses Wasserzeichen jeweils nur im Anschnitt auftritt, zeigt sich aufgrund der stets gleichen Position sowie der gleichen förmlichen Ausprägung und Größe vom oberen Schaft des Buchstaben „P“ sowie des Vierblatts, dass es sich um Papiere von derselben Siebform bzw. demselben Formenpaar handelt. Die Verwendung von Papieren mit vergleichbaren Wasserzeichen ist etwa im WZIS 2021 76 mal für den Zeitraum von 1284 bis 1537 belegt.
[6] [Anonym] (1521)„On Aplas von Rom || kan man wol selig werden || durch anzaigung der g[oe]tlichen || hailigen geschryfft.||, Augsburg: Melchior Ramminger“ [VD16 O 527].
[7] Vgl. Gier / Janota 1997, S. 264ff.
Quellen / Publikationen:
Hollstein German VI.8.7.6; Hagelstange 1907, S. 106; Ficker 1934, S. 117, Nr. 26; Gier / Janota 1997, S. 264; Möncke 2011, S. 129.
- Zuschreibungen
-
Unbekannt nach Lucas Cranach dem Älteren, Inventor*in
Heinrich Vogtherr, Inventor*in
Zuschreibungen
Unbekannt nach Lucas Cranach dem Älteren, Inventor*in | [KKL 2022] |
Heinrich Vogtherr, Inventor*in | [Müller 1990, S. 182] |
- Datierung
- zwischen Jahresende 1520 und Juli 1523
Datierung
zwischen Jahresende 1520 und Juli 1523 | "On Applas" [VD16 O 526] |
- Maße
- Darstellung: 148 (+/-1) x 125 (+/-1) mm
Maße
Darstellung: 148 (+/-1) x 125 (+/-1) mm
[Thomas Klinke, KKL 2020]
- Signatur / Datierung
Keine
- CDA ID
- ANO_HVI-7-6
- KKL-Nr.
- I.1D3, Teil der Bildnisgruppe I
- Permalink
- https://lucascranach.org/de/ANO_HVI-7-6/