In Bundesbesitz befinden sich 17 Gemälde, die von Lukas Cranach d.Ä. oder seiner Werkstatt gefertigt wurden.
Die TVK München ermittelte zur Provenienz des Gemäldes, dass das Gemälde von der Züricher Galerie Schmidlin an Hermann Göring für sfrs. 5.500 verkauft wurde.[1] Aus dem erwähnten Göring Report, den die amerikanischen Kunstschutzoffiziere erstellt hatten, ist zu erfahren, dass die Galeristin Schmidlin das Gemälde „Lukretia“ im September 1942 an Walter Andreas Hofer verkauft hatte.[2]
Schmidlin, die deutsche Staatsbürgerin war, lebte und arbeitete in Zürich und war mit einem Schweizer Regierungsbeamten verheiratet.[3] Aus dem Göring Report geht ferner hervor, dass sie von dem Stuttgarter Kunsthändler F.C. Valentien zur Spionage, im Zusammenhang mit der Tätigkeit ihres Ehemanns, aufgefordert worden sei. Dies habe sie zwar nicht getan, stand aber unter Beobachtung. Jedenfalls habe sie Valentien und Hofer miteinander bekannt gemacht. Es wird die Vermutung geäußert, dass Hofer als Mittelsmann zwischen Valentien und Schmidlin fungiert habe. Über die Kunsthändlerin wurde ausgesagt, dass sie Kunstwerke für Hofer in der Schweiz verkauft habe. Dies bestritt Hofer in seiner Anhörung, gab jedoch zu, dass er sie immer besuchte, wenn er in der Schweiz weilte. Außerdem war sie mit der Münchener Galerie Heinemann in Kontakt. Hofer nahm an, dass der Galerist [dabei muss es sich um Zinckgraf handeln, Anm. d. Verf.] Schmidlin mit sehr guten Kunstobjekten versorgte. Neben dem Gemälde „Lukretia“ verkaufte Schmidlin am 29. Oktober 1940 auch die Tafel „Christus mit der Samariterin am Brunnen“ (Mü-Nr. 5924) von Lukas Cranach d.Ä., die sich heute ebenfalls in Bundesbesitz befindet.[4]
In den Unterlagen des Bundesarchivs in Koblenz befinden sich weitere Archivalien, welche zusätzliche Hinweise zur Provenienz des Gemäldes „Lukretia“ geben.[5] Im Juli 1952 teilte der Antragsteller der TVK München mit, dass er 1939 über die Schweiz in die USA emigriert sei. Das hier interessierende Bild sowie weitere Kunstwerke, u.a. das Cranach-Gemälde „Christus mit der Samariterin am Brunnen“ (Mü-Nr. 5924) habe er bei einem Dr. Walter F. Schnyder in Solothurn/Schweiz zur Aufbewahrung hinterlassen. Dieser habe die Bilder ohne sein Wissen der Galeristin Schmidlin zur Ansicht gegeben, für einen eventuellen Verkauf auf Kommissionsbasis. Die Kunsthändlerin habe das Gemälde an Hofer verkauft; einen Kaufpreis habe der Antragsteller jedoch nicht erhalten.
Nach Auffassung der TVK handelte es sich bei dem Rückgabebegehren des Antragstellers nicht um einen Anspruch nach dem Rückerstattungsrecht, sondern nach dem BGB. Daher wurde die Angelegenheit an das Auswärtige Amt abgegeben. Weitere Akten konnten nicht ermittelt werden. Ein Rückerstattungsverfahren ist seinerzeit nicht eingeleitet worden.
Vorausgesetzt, dass der Antragsteller im Jahre 1939 überhaupt der Eigentümer des Gemäldes war, steht sein vermuteter Eigentumsverlust in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit gegen ihn gerichtete Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes. Zum Zeitpunkt des Vermögensverlustes befanden sich das Gemälde und der mutmaßliche Eigentümer im neutralen Ausland und damit nicht im Einflussbereich der Nationalsozialisten. Somit konnte der Verkauf des Gemäldes durch sie nicht erzwungen werden.
Eine Rückgabe des Gemäldes kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht. Weitere Details zur Provenienz des Gemäldes konnten bisher nicht ermittelt werden.
Stand: 2003
[1] BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 6337.
[2] Göring Report, S. 115.
[3] Haase 2000, S. 99.
[4] BADV Berlin, Property Card, Mü-Nr. 5924.
[5] Für das Folgende vgl. BArch, B323/374, An die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt.
[http://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/Provenienzrecherche/Provenienzen/Daten/6000_6999/6337.html] (accessed 30.01.2015)