Bericht zum Erhaltungszustand
Der Bildträqer
Der originale Bildträger - die Eichenholztafel - liegt nicht mehr in seiner ehemaligen Version vor. Er wurde, bevor er seine Parkettierung erhielt, ganzflächig auf 5 mm heruntergedünnt. Seine ursprüngliche Starke ist aufgrund der Tafelmaße im Bereich von etwa 1-1,5 cm zu vermuten.
Sowohl die Randkanten der Gemäldes als auch einige wenige Ausfluglöcher von Holzschadinsekten geben Auskunft über einen früheren Anobienbefall, der den Erhalt der Tafel sehr zu gefährden schien. Nach der Größe der Fraßgänge und der Ausfluglöcher zu urteilen, handelte es sich vorwiegend um einen Befall des Holzkafers Anobium punctatum.
Die sichtbaren Fraßgänge und vorderseitigen Ausfluglocher der Schadinsekten wurden im Rahmen der letzten Restaurierung größtenteils gekittet. Hierzu verwendete man an den holzsichtigen Bereichen einen braunen Holzkitt und innerhalb der Malereiflachen einen Kreide/Leimkitt.
Während der Arbeiten an der Tafel verließ eine etwa 2 mm lange, haarige Insektenlarve ihren Aufenthaltsort im Bildträger. Nach mikroskopischen Untersuchungen ließ sie sich der Klasse der gemeinen Speckkafer (Dermestes sp. pI.) zuordnen. Diese Tiere gehören nicht zu den eigentlichen Holzschadinsekten, da sie die Substanz Holz nicht fur ihren Stoffwechsel benötigen. Dennoch suchen sie bisweilen holzerne Materialien auf, um ihre Puppenwiegen einzurichten. Diese sind etwa 6 - 16 mm groß. Bei der Herstellung der Einbohrschlupflöcher entstehen runde
Öffnungen von 3 - 6 mm.
Es ist anzunehmen, dass es sich bei dieser Larve um ein Einzelexemlar handelt, da sich diese Insekten bevorzugt in der Nähe von Lebensmitteln aufhalten. Sind jedoch innerhalb des Kirchenraumes vermehrt etwa 7-10 cm große Kafer anzutreffen, sollte nach der Ursache gesucht werden.
Die neue, aufgedoppelte Trägerplatte misst 10 mm und besteht aus Nadelholz. In diese Platte wurde ein Gitterparkett eingearbeitet, um ein mögliches Verwerfen der Tafel zu verhindern. Der bekannte Nachteil dieses Eingriffes - nämlich das Entstehen von vorderseitigen Malschichtstauchungen - ließ sich glücklicherweise nur leicht ausqeprägt und vereinzelt an der Vorderseite des Bildes nachvollziehen. Aktuell besteht demnach keine Veranlassung, die Parkettierung zu entfernen. Ein aufmerksames Beobachten der Gemäldeoberfläche bezüglich massiverer Ausbildung von Deformierungen ist dennoch ratsam.
Die Parkettschienen haben eine Tiefe von 3,5 cm und bestehen aus Eichenholz. Die Gesamtstärke der Tafel liegt jetzt bei 5 cm. Ihr Gewieht beträgt nun mehrere Kilogramm.
Die beiden linken Tafelfugen haben sich vorderseitig über eine Lange von mehreren Zentimetern leicht geöffnet, Die Öffnung beträgt weniger als 1 mm. Die Tafelfugen lassen sich insgesamt über die lokale Entsprechung des Alterssprungnetzes nachvollziehen, so dass ihre Kanten - leicht schräg zur Bildsenkrechten verlaufend - erkennbar sind.
Die ursprünglichen Außenrnaße der Tafel wurden in der Breite um ca. 10 mm verkleinert. Darüber geben die Tafelränder Auskunft, deren Ober- und Unterkanten bezüglich der Malerei und der Grundierung ausgespart sind, die Seitenkanten jedoch mit der Malerei bündig abschließen und demnach abgehobelt zu sein scheinen.
Die Grundierung
Der Gesamtzustand der Grundierungsschicht ist als gut zu bezeichnen. Bindemittelschwächungen, Abpudern oder Schichtentrennungen lassen sieh nicht nachweisen. Ihre Haftung zum Untergrund ist stabil. Lediglich die Bereiche an den Tafelfugenkanten stellen sich leieht gelockert dar und bedürfen einer Konsolidierung.
Die Unterzeichnung
Die Unterzeichnung lässt keinerlei spezifishe Beschädigungen erkennen.
Die Malschicht
Der Erhaltungszustand der Malschicht ist als gut zu bezeichnen. Es gibt keine größeren Fehlstellen. Diejenigen Fehlstellen, die bis zum Bildträger reichen, sind von sehr geringem Ausmaß. Hier handelt es sieh nahezu ausschließlich um die bereits erwähnten Tafelfugenkanten und Ausfluglöcher der Holzschadinsekten.
Einige der dünneren Farbpartien und lasierten Flächen erlitten im Rahmen einer früheren Restaurierung leichte Substanzeinbußen durch zu intensive Reinigungsmaßnahmen. Hier kam es zu sog. "Verputzunqen", dünnschichtigen Farbverlusten vornehmlich auf den Strukturhöhen der Oberfläche.
Ebenfalls aus der Zeit der letzten Restaurierung stammten gebräunte, fleckige Glutinleimreste, die sich überwiegend an den Randbereichen des Gemäldes aber teilweise auch auf der Mittelfläche befinden. Sie liegen unter der Firnisschicht. Es handelt sich hierbei vermutlich um Leimreste einer Malschichtsicherung und der Tafelübertragung.
Viele der ehemaligen kleinen Fehlstellen waren bereits gekittet und retuschiert. Die Art und Feinheit dieser alten Restaurierungen lassen auf einen hohen Grad an Sensibilitat und Professionalität innerhalb der Arbeiten schließen. Die Annahme liegt nahe, dass die Tafel von einem der ortsansässigen Konservatoren persönlich vorgenommen wurde. Die Retuschen stellten sich lediglich leicht nachgedunkelt dar.
Wie bereits angedeutet, resultierten aus der Montage der Parkettierung vereinzelte Farbstauchungen. Diese sind lediglich an einer groberen Rissstruktur innerhalb des ansonsten homogen, kleinteilig ausqeprägten Alterssprungnetzes nachzuvollziehen. Substanzverluste der Malerei entstanden hier bislang nicht.
In den dunkleren Partien des Himmels sind vereinzelt Bindemittelkrepierungen erkennbar. Diese resultieren u. U. aus der starken mikrobiellen Belastung der Tafeloberfläche bzw. der Craquelerisse oder der hohen reI. Luftfeuchte innerhalb des Kirchenraumes. Ihr örtlich helleres Erscheinungsbild ist jedoch von so geringem Ausmaß, dass eine Regenerierung oder eine farbliche Überarbeitung nicht notwendig erscheint.
Innerhalb des Craqueles einiger grün lasierter Farbpartien haben sich dunkle Verfärbungen oder Verkrustungen gebildet. Hierbei kann es sich durchaus um mikrobielle Abbauprodukte handeln, wie sie sich auch auf der Firnisschicht befinden. (Aufgrund der Pigmentverseifung innerhalb der mit Bleiweiß ausgemischten Farbpartien kam es im Laufe der Zeit zu einer Erhöhung des Lichtbrechungsindexes.) Der damit einhergehende Verlust des Deckungsvermögens führte zu einer Heraufsetzung des Transparenzwertes und brachte ein Durchscheinen der Unterzeichnungen und diverser Pentimenti (malerischer Korrekturen) mit sich. Diese Erscheinung ist jedoch nicht den Schadensbildern sondern den natürlichen Alterungsreaktionen zuzuordnen.
Im unteren Drittel des Kreuzbalkens Christi gibt es eine Jahreszahl. Hierbei handelt es sich um das Entstehungsjahr der Tafel 1556. Eine Signatur oder ein Monogramm des Malers bzw. seiner Werkstatt lassen sich bis dato nicht nachweisen.
Der Oberflachenabschluss
Der auf der Bildoberfläche vorhandene Naturharzfirnis, der im Rahmen der letzten Restaurierung (vermutlich um 1929) u. a. zum Schutz der Malerei aufgetragen wurde, hatte sich im Laufe der Zeit zu seinen Ungunsten deutlich verändert. Die starke mikrobielle Kontaminierung der Oberfläche (die Besiedelungen innerhalb des Alterssprungnetzes waren unter dem Mikroskop deutlich erkennbar) führte zu einer dramatischen Substanzreduzierung mit dunklen Abbauprodukten an den Craquelerändern, die die Schicht in einen fragmentarischen Zustand überführte. Hier
war eine flachendeckende Schutzfunktion nicht mehr gegeben.
Hinzukamen konservatorisch weniger schwerwiegende Elemente, die die Gemäldeoberfläche aber optisch zu ihrem Nachteil definierten. Hierbei handelte es sich um partielle Firniskrepierungen von unterschiedlichem Ausmaß, deutliche Gilbung mit unterschiedlichen Stärkregraden (resultierend aus unreqelmäßigem Schichtenauftrag) und inhomogenen Oberflächenglanz.
Die vorhandene Firnisschicht erfültte damit weder die konservatorischen noch die ästhetischen Funktionen, die einen Verbleib sinnvoll gemacht hätten. Berücksichtigt man zudem die hohen reI. LF-Werte am Hängungsort von oft weit über 70%, so scheint der Erhalt einer Schicht mit derart aktivem Schadenspotenzial nicht vertretbar.
Die Patina
Der gedunkelte Eindruck der Gemäldeoberfläche stammte von einer gewachsenen Patina, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzte. Hier handelte es sich vornehmlich um Bestandteile wie Ruß, Staub und Insektenverunreinigungen. Die fleckigen, dunklen Verfärbungen innerhalb des Alterssprungnetzes waren überwiegend den zerstörten Firnisanteilen zuzurechnen. Die Schicht reagierte auf enzymatische Abnahmeproben insgesamt positiv.
Der Zierrahmen
Der Zierrahmen war von seiner Grundkonstruktion her vollkommen intakt. Seine Vorder- und Rückseiten zeigten ebenso wie die Bildtafel deutliche Spuren eines ehemaligen Befalls von Anobium punctatum.
Die Profilleisten waren z. T. gelockert und bedurften einer Neuverleimung. Die Grundierung der Polimentvergoldung hatte sich auf ihren Höhen aufgrund von Holzschwundbewegung an vielen Stellen gelockert. Hier waren neben neuen Ausbrüchen auch alte Restaurierungen erkennbar. Die Goldschicht war an den Profilkanten leicht durchgerieben, so dass der rote Boluston zutage trat.