Johannesschüssel (Fragment)

"Ursprünglich bildeten die zwei Fragmente ein Gemälde, auf dem Salome den abgetrennten Kopf Johannes des Täufers in einer Schale vor sich hält. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurden die obere und die untere Bildhälfte zertrennt und separat verkauft. Erst im Rahmen des Forschungsprojektes Cranach Digital Archive konnte der Zusammenhang der Fragmente erkannt werden. In der Ausstellung, zu der die vorliegende Publikation erscheint, sind beide Teile aus italienischem und deutschem Privatbesitz erstmals wieder vereint.

Obwohl das Werk weder datiert noch signiert ist, kann es aufgrund stilistischer und technischer Besonderheiten dem Meister IW zugeschrieben werden. Das blasse Inkarnat, die auffällige Taillierung und Schnürung des Gewandes sowie die geschlitzten Ärmel mit Brokateinsätzen kennzeichnen auch dessen Tafeln Judith mit dem Haupt des Holofernes (1525, Prag), Lucretia (1525, Privatbesitz) und Salome mit dem Haupt des Johannes (um 1525, Privatbesitz). Die Identität des Meisters IW ist bis heute nicht geklärt. Wir wissen jedoch, dass er bis etwa 1520 in der Werkstatt Cranachs tätig war und vermutlich im Zusammenhang mit der Reformation und einem Rückgang an Aufträgen für Altarretabel nach Böhmen zog, wo er unter Verwendung von Vorlagenmaterial aus der Cranach-Werkstatt eigenständig zahlreiche Werke produzierte. Bis etwa 1550 war er der wichtigste Vermittler des Stils Cranachs in Böhmen."

[Heydenreich, Exhib. Cat. Düsseldorf 2017, 291, No. 184]