Madonna mit Kind und Johannesknaben

Madonna mit Kind und Johannesknaben

Titel

Madonna mit Kind und Johannesknaben

[cda 2019]

Malerei auf Weichholz

Material / Technik

Malerei auf Weichholz

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

Das Gemälde zeigt die Madonna in klassischer Dreieckskomposition sitzend mit dem stehenden Christuskind auf ihrem Schoß. Links neben Maria empfängt der kniende Johannesknabe den Segen des Christuskindes. Im Hintergrund öffnet sich eine weite gebirgige Landschaft.

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

Zuschreibungen
Lucas Cranach der Ältere und Werkstatt
Lucas Cranach der Ältere

Zuschreibungen

Lucas Cranach der Ältere und Werkstatt

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

Lucas Cranach der Ältere

[im Kinsky online database: https://imkinsky.com/de/news/presse/18469-ein-meisterwerk-der-renaissance-im-kinsky, accessed 18.10.2019]

Datierung
um 1512

Datierung

um 1512

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]
[im Kinsky online database: https://imkinsky.com/de/news/presse/18469-ein-meisterwerk-der-renaissance-im-kinsky, accessed 18.10.2019]

Maße
Maße Bildträger: 76,6 × 59 cm

Maße

  • Maße Bildträger: 76,6 × 59 cm

  • [unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

  • Dimensions of support: 76.6 × 59 cm

  • [unpublished examination report G. Heydenreich, 2018]

Signatur / Datierung

Keine

Eigentümer
Privatbesitz
Besitzer
Privatbesitz
CDA ID
PRIVATE_NONE-P297
FR (1978) Nr.
FR-none
Permalink
https://lucascranach.org/de/PRIVATE_NONE-P297/

Provenienz

  • 24.April 2018 versteigert im Auktionshaus im Kinsky, Wien, 122. Kunstauktion, Alte Meister
    [im Kinsky online database: https://imkinsky.com/de/news/presse/18469-ein-meisterwerk-der-renaissance-im-kinsky, accessed 18.10.2019]

Forschungsgeschichte / Diskussion

Bereits 1508 dokumentiert der Humanist Christoph Scheurl den künstlerischen Wettstreit zwischen Lucas Cranach und seinen Zeitgenossen in Deutschland und Italien. Spätestens mit der Venus von 1509 (FR 22, St. Petersburg) spiegeln sich in Cranachs Malwerk unverkennbar italienische Einflüsse. Das vorliegende Gemälde verdeutlicht, dass sich Cranach intensiv mit der italienischen Malerei seiner Zeit auseinander setzte und deren Stilmerkmale und Formenmodi adaptierte. Die von Bodo Brinkmann im Rahmen der Cranach Ausstellung in Frankfurt und London diskutierten Parallelen zu der Madonna mit Kind und Johannesknaben von Perugino im Städel Museum sind unverkennbar. Hierzu gehören die aus der Symmetrie verschobene Figurensilhouette, das breite aufgeschlagene grüne Mantelinnenfutter mit dem schmalen Saumstreifen auf der linken Schulter, der Haarschmuck der Madonna sowie die mit Gold gezeichneten Bordüren und Nimben einschließlich der in der italienischen Malerei verbreiteten Goldpunkte. Ebenso erscheint das um den Oberkörper gebundene Tuch des Johannes auf Cranachs dem italienischen Vorbild entlehnt und schließlich weisen auch die Frisuren der Kinder mit tief in die Stirn reichendem Haaransatz und vergleichsweise wenigen Haaren Ähnlichkeiten auf. Selbst der schwarzblaue Himmel, der sich auf der Perugino Madonna über rosa zu gelb auflichtet, findet sich in abgeschwächter Form auf dem untersuchten Bild und damit wohl erstmals auf einem Werk Cranachs. Auch Details, wie die Haufenwolken mit den sich auftürmenden Spitzen scheinen einem Vorbild entlehnt, indem diese auf den Werken verschiedener italienischer Maler erscheinen (u.a. Pierro della Francesca Der Heilige Hieronymus, Berlin; Cristoforo Canozi da Lendinara, Kreuzigung, Verona).

Jan Wittmann schlussfolgerte 1998 zur Madonna mit Kind und Johannesknaben (PRIVATE_NONE-P046), dass Cranach diesen Motivschatz direkt von Peruginos Madonnenbildern übernahm und Brinkmann denkt an eine freie Nachschöpfung eines Vorbildes aus dem Perugino Umkreis. Zweifellos dokumentiert die Komposition des vorliegenden Gemäldes neben der Venus (1509) und der sogenannten Galluzzo Madonna (um 1514) in besonders eindrücklicher Weise, dass Cranach Werke seiner italienischen Zeitgenossen bestens kannte und adaptierte.

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

Im Vergleich mit dem vorliegenden Gemälde erfolgten Modellierung und Feinzeichnung der Madonna mit Kind und Johannesknaben (um 1512, PRIVATE_NONE-P046) formelhafter und insbesondere in den Gesichtern weniger qualitätsvoll. Da die Komposition des vorliegenden Gemäldes erst im Malprozess ausdifferenziert wurde und das Ergebnis in der Unterzeichnung von Madonna mit Kind und Johannesknaben (um 1512, PRIVATE_NONE-P046) recht präzise übernommen wurde, handelt es sich bei dem vorliegenden Gemälde sehr wahrscheinlich um die früheste Fassung dieser Komposition.

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

  • Madonna mit Kind und Johannesknaben, um 1512

Abbildungen

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Kunsttechnologische Untersuchung

2018Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Lichtmikroskopische Oberflächenuntersuchung
  • Infrarot-Reflektografie
  • Röntgengrobstrukturanalyse
  • UV-Fluoreszenzfotografie
  • RF-Analyse

Bildträger

Die Holztafel (76,6 x 59 cm) besteht sehr wahrscheinlich aus fünf Brettern unterschiedlicher Breite. Es handelt sich um Weichholz, vermutlich Linde. Die Bretter sind in horizontaler Ausrichtung, d.h. quer zur größeren Ausdehnung der Tafel verleimt. Die Brettkanten verlaufen nicht parallel zueinander. Eine Beklebung mit Fasern ist nicht nachweisbar. Die Tafel wurde in späterer Zeit auf der Rückseite gedünnt und mit einer Stabholzplatte verstärkt. Hinweise auf eine nachträgliche Formatänderung sind nicht erkennbar.

Proportion und Größe des Bildträgers, die Anordnung der Bretter und deren Breiten entsprechen annähernd der Madonna mit Kind und Johannesknaben (um 1512, 75,9 x 59,4 cm, Privatbesitz, lucascranach.org/PRIVATE_NONE-P046). Lindenholz fand als Bildträger in der Tafelmalerei nördlich der Alpen weite Verbreitung. In der Wittenberger Werkstatt wurde diese Holzart zwischen 1505 und 1522 bevorzugt und in der Folgezeit neben Buchenholz meist verwendet. Der zwischen 1505 und 1512 für Cranach tätige Tischler (vermutlich Michel Tischer) verleimte die Bretter in der Regel in Richtung der kürzeren Seite, unabhängig davon, ob die Tafel als Hoch- oder Querformat bemalt wurde. Auch verwendete dieser Tischler häufig Bretter in Breiten zwischen 6 und 22 cm, deren Kanten nicht parallel verlaufen. Nach 1512 datierte Lindenholztafeln weisen in der Regel eine andere Methode der Verleimung auf, indem die Bretter nun in Richtung des größeren Ausmaßes der Tafel verleimt sind. Vermutlich beschäftigte Cranach nach seinem Umzug der Werkstatt vom Wittenberger Schloss in die Stadt einen anderen Tischler, der die Bretter in anderer Weise verarbeitete. Die Verleimung der Bretter in Querrichtung lässt sich als Indiz für eine Entstehung des Gemäldes vor oder um 1512 werten. Eine spätere Entstehung ist damit nicht auszuschließen.

Grundierung und Imprimitur

Die Tafel ist weiß grundiert; vermutlich handelt es sich um einen Kreidegrund (RFA: Calcium). Der Auftrag der Grundiermasse erfolgte nicht bis zum Rand, d.h. die Tafel war in dieser Arbeitsphase in einem Rahmen fixiert. Im Randbereich gibt es umlaufend einen Grundiergrat. Auf dem ungrundierten Tafelrand liegt eine schwarze Farbschicht.

Unterzeichnung

Mittels Infrarot-Reflektografie ließ sich eine mit schwarzem Zeichenmedium und Pinsel ausgeführte Unterzeichnung sichtbar machen. Die freie und souveräne Zeichnung der Figuren konzentriert sich mit geschwungenen Linienzügen auf die Anlage wesentlicher Konturlinien und Binnenformen. Arme und Hände der Kinder wurden mit wenigen Linien angedeutet und erst nachfolgend mit dem Farbauftrag präzisiert. Ebenso lassen die Gesichter eine sparsame lineare Anlage und die nachfolgende Ausdifferenzierung mit der Farbe erkennen.

Die Gemälde Lucas Cranachs und seiner Werkstatt aus den Jahren um 1510 – 1515 sind mehrheitlich mit einem schwarzen Zeichenmedium und Pinsel sparsam unterzeichnet. Vor allem nach 1510 ist die Konzentration auf wesentliche Konturlinien meist in kurzen geschwungenen Linien nachgewiesen. Die stilistischen Merkmale der Unterzeichnung auf der vorliegenden Tafel gleichen denen anderer Lucas Cranach d. Ä. zugeschriebenen Kompositionsanlagen (u.a. FR 1978, 18, 20, 22, 29, http://lucascranach.org/F_MBAAB_896-1-54a, b).

Farbschichten und Metallauflagen

Die Anlage der Gesichtsformen erfolgte mit einer hellen Ausmischung aus Bleiweiß und zinnoberroten Pigmenten. Schatten wurden mit grauer Farbe sowie halbtransparenten braun-schwarzen Lasuren modelliert, einzelne Partien, mit rötlicher Farbe akzentuiert sowie mit heller Inkarnatfarbe Lichter gesetzt. Die Augen einschließlich Wimpern und Reflexlichtern erscheinen routiniert ausgeführt. Die Augäpfel enthalten neben Weiß einen deutlichen Anteil Blaupigment (Azurit). Bart- und Kopfhaare sind in unterschiedlicher Farbigkeit und Intensität unter Verwendung von Bleizinngelb (RFA) mit unterschiedlich feinen Strichlagen differenziert. In einigen Bereichen (u.a. Kopf des Johannesknaben) werden kurze und breite dunkelgelbe Haare von längeren elegant geschwungenen rosa Haarlinien überlagert.

Himmel und Hintergrundlandschaft sind mit grauer Farbe (Weiß und Schwarzpigment) untermalt. Dabei ist eine graduelle Tonwertabstufung zwischen dem Zenit (grau-schwarz) und dem Horizont (weiß) feststellbar. Relativ grobkörniger und farbstarker Azurit (RFA) wurde anschließend in wechselnder Ausmischung mit Bleiweiß (RFA) stupfend und streichend aufgetragen. Der Horizont ist über einen rosa Ton zu Bleizinngelb (RFA) aufgelichtet. Die Wolken sind nass in nass aufgesetzt und die Konturen mit einem weichen Pinsel vertrieben.

Im Bereich der Hügelketten gibt es Korrekturen mit feinkörnigem und weniger leuchtkräftigem Blaupigment. Die Baumgruppen des Mittelgrundes wurden über schwarzer Untermalung mit unterschiedlich hellen grünen Farbausmischungen und abschließenden grünen Lasuren ausgeführt.

Wesentliche Veränderungen der Bildkomposition im Malprozess sind nicht erkennbar.

Eine graue Untermalung des Himmels ist auf zahlreichen Werken aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä. nachweisbar. Ebenso gehören der Einsatz verschiedener Pinsel und Farbauftragsweisen (streichend, stupfend) zu den charakteristischen Arbeitspraktiken des Hofmalers wie seiner Mitarbeiter.

Pulvergold

Die Nimben, sowie die Bordüren von Schleier, Mantel und Kleid sind mit Pulvergold, d.h. gemahlenem und mit einem (ölhaltigen?) Bindemittel angeriebenen Gold und Pinsel ausgeführt.

Auffällig erscheint in diesem Zusammenhang, dass nachfolgend rosa Konturierungen der Nimben sowie gelbe und rosafarbige Haarlinien feinzeichnerisch und mit großer Sicherheit aufgebracht wurden.

Die Feinzeichnung mit Pulver- oder Muschelgold gehörte im Vergleich mit anderen Vergoldungstechniken zu den seltener praktizierten Techniken in der Cranach-Werkstatt. Meist wird mit der Ausführung der Goldhöhungen der Malprozess abgeschlossen. Hier sind (wie auch auf PRIVATE_NONE-P046) nachfolgend aufgebrachte Akzentuierungen mit Farbe erkennbar.

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

2017Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • UV-Fluoreszenzfotografie
  • uv_light
  • fotografiert von Gunnar Heydenreich

2016Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Röntgengrobstrukturanalyse
  • x_radiograph
  • erstellt von Gunnar Heydenreich

2016Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Infrarot-Reflektografie
  • irr
  • irr
  • irr
  • irr

Unterzeichnung

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges, schwarzes Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung

- feine bis etwas breitere Linien

- z. T. geschwungene Linienzüge

Funktion:

- relativ verbindliche Vorgabe für die Malerei; die Linien geben Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge an; keine plastische Wiedergabe mit Schraffuren

Abweichungen:

- Präzisierungen der Form während des Malprozesses; mehrere kleine Änderungen (z.B. Kopfformen, Hände und Arme der Christus- und Johanneskinder; am Fuß des Johanneskindes)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- Lucas Cranach d. Ä. oder Werkstatt

Bemerkungen:

- vermutlich nach einem Vorlage

[Sandner, Smith-Contini, Heydenreich, cda 2020]

  • fotografiert von Gunnar Heydenreich
  • fotografiert von Ingo Sandner

Erhaltungszustand

Datum2018

Das Gemälde befindet sich derzeitig in einem relativ guten und stabilen Zustand. Der Bildträger wurde vermutlich im 20. Jahrhundert rückseitig gedünnt und auf eine neue Stabholzplatte geleimt. In diesem Zusammenhang konnten vermutlich auch die offenen Leimfugen und Brüche geschlossen werden. Unter UV-Strahlung werden Retuschen aus verschiedenen Restaurierungsphasen vor allem entlang der Brettfugen und am Rand sowie vereinzelt auch in anderen Bildbereichen sichtbar. Leichte Beeinträchtigung erfährt das Gemälde durch Schäden der Malschicht im Bereich des rechten Auges des Christuskindes, im Bereich der Augenbrauen der Madonna sowie in den Schattenbereichen der Inkarnate. Aufgrund von Alterungsreaktionen und einer damit verbundenen Zunahme der Transparenz der Malschicht ist die Unterzeichnung heute partiell mit bloßem Auge sichtbar (u.a. im Gesicht der Madonna). Eine ähnliche Craquelébildung lässt sich auch auf anderen Cranach-Gemälden erkennen.

[unveröffentlichter Untersuchungsbericht G. Heydenreich, 2018]

  • untersucht von Gunnar Heydenreich

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

Eintrag mit Autor
<Autorenname>, 'Madonna mit Kind und Johannesknaben', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/PRIVATE_NONE-P297/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
Eintrag ohne Autor
'Madonna mit Kind und Johannesknaben', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/PRIVATE_NONE-P297/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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