Ungleiches Paar

Das Gemälde zeigt einen alten Mann, der eine junge Frau umarmt und ihr eine lange Goldkette reicht, während sie ihm mit beiden Händen den Bart krault. Vor der Restaurierung wurde die Farbigkeit des Bildes von Braun- und Ockertönen dominiert, welche durch die hellere Farbigkeit der Inkarnate belebt sind. Die Gesichter erinnern an Theatermasken, welche Charaktereigenschaften verdeutlichen. Eine sichere Teilnahme am komplexen Innenleben des Charakters kann nur bei dem alten Mann festgestellt werden, der sich als böse, lüstern und falsch definieren ließe. Die Physiognomie der Frau ist weniger expressiv und suggeriert einen schlichten, unsensiblen und lüsternen Charakter, dessen Habgier von dem Mann leicht ausgenutzt werden kann.

Der künstlerische Erfolg von Lucas Cranach dem Älteren ist nicht gänzlich dem Dienst an der Lutheranischen Reformation verpflichtet, obwohl der Maler und Freund Martin Luthers auch dessen Schriften publizierte [Canaday 1969, 317-318]. Eine Erklärung für die Werke des "volksnahen Realismus" mit satirischen, fast karikaturhaften Charakteren wäre nach T. Ionescu der Fakt, das Cranach sich den Ideen der Reformation anschloss [Ionescu 1967, 53]. Tatsächlich könnte es sich bei dem Mann, der mit Reichtümern lockt der Teufel sein, während die verderbte Frau die katholische Kirche verkörpert, die in protestantischen Reden traditionell mit der Babylonischen Hure identifiziert wird [Bilhartz 1986, 115; cf. LaHaye 1999, 262-271]. Nur die Möglichkeit, ein bekanntes Klischee der protestantischen Konfession als Genre Szene darzustellen, könnte ein plausibler Grund für Cranachs Interesse an dem "ungleichen Paar" sein, dem er sich in vielen Werken näherte. Weitere Themen, welche die "Weibermacht" illustrieren, sind Lot und seine Töchter, Hercules bei Omphale und Aristoteles mit Phyllis. Sie spiegeln die frauenfeindliche Sicht dieser Epoche wieder.

[Dr. Alexandru Gh. Sonoc, Muzeul National Brukenthal, revised 2017]