Judith mit dem Kopf des Holofernes

Judith mit dem Kopf des Holofernes

Titel

Judith mit dem Kopf des Holofernes

[Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Malerei auf Lindenholz

Material / Technik

Malerei auf Lindenholz

[Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Das Buch Judith, Teil der alttestamentarischen Apokryphen, berichtet davon wie die schöne jüdische Witwe den assyrischen Befehlshaber Holofernes tötet, da dieser die Belagerung ihrer Heimatstadt Bethulia befehligte. Nachdem sie Holofernes mit ihrer Schönheit verführt und ihm falsche Absichten vorgespielt hat, enthauptete sie den Betrunkenen in seinem Zelt. Als die Assyrer

Das Buch Judith, Teil der alttestamentarischen Apokryphen, berichtet davon wie die schöne jüdische Witwe den assyrischen Befehlshaber Holofernes tötet, da dieser die Belagerung ihrer Heimatstadt Bethulia befehligte. Nachdem sie Holofernes mit ihrer Schönheit verführt und ihm falsche Absichten vorgespielt hat, enthauptete sie den Betrunkenen in seinem Zelt. Als die Assyrer das Attentat bemerkten, beendeten sie die Belagerung. (Judith 8, 15).[1]

Mit direktem Blick zum Betrachter, hält Judith eine Schwert in ihrer rechten Hand, während ihr linker Arm auf Holofernes abgeschlagenen Kopf ruht. Sie wird als Inbegriff der Schönheit und Mode im Verständnis des herzöglich-sächsischen Hofs des 16. Jahrhunderts präsentiert. [2] Ihr Haar ist zusammengebunden wie es für eine verheiratete Frau üblich ist.[3] Sie trägt ein rotes Barett über einer Haube aus Silber- und Goldfäden verziert mit Perlen, was um 1530 Mode war.[4] Das Kleid ist dunkelgrün mit golden Bändern und über der Brust erneut mit Perlen verziert.

Um den Hals trägt sie zwei goldene Ketten, bestzt mit Smaragden, Rubinen und Perlen. Eine lange Kette flachen Gliedern läuft über ihre Brust und hinter ihrem Rücken.[5] Diese prunkvolle Kombination von Ketten war typisch für den Hof des sächsischen Herzogs, verschwand in den 1540er Jahren jedoch völlig.[6] Die Ringe an Judiths Fingern sind durch ihre geschlitzten Seidenhandschuhe sichtbar

[1] Book of Judith 1972 (ed.).

[2] Straten (1983, S. 38-39) betont, dass Judiths Kleidung auch vornehmen und tugendhaften Eigenschaften betonen soll.

[3] Wie Friedrich Hottenroth anmerkt, war während der Reformation das offene Haar einer Frau mit Jungfräulichkeit konnotiert und wurde von Bräuten getragen, während verheiratete Frauen ihre Haare zusammenbanden oder mit einem Barett oder Haube bedeckten (Hottenroth 1891, S. 534).

[4] H. Zimmermann 1969, S. 284. Laut Millia Davenport (1948, Bd. 1, S. 392), geriet das flache Barett im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts aus der Mode. Vgl. außerdem Hottenroth 1891, S. 532-533, Abb. 121, 122, 124), der anmerkt, dass mit einer Kleiderordnung aus dem Jahr 1530 der Extravaganz einer Haube unter dem Huten getragen Einhalt geboten werden sollte (vgl. vor allem S. 516).

[5] Warner 1990.

[6] Ebd., S. 26.

[7] Judith-Darstellung aus Stuttgart

[Cat. New York 2013, 63, 287, No. 13]

Zuschreibung
Lucas Cranach der Ältere

Zuschreibung

Lucas Cranach der Ältere

[Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Datierung
um 1530

Datierung

um 1530

[Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Maße
Maße der Bildträger: 87,6 × 61,3 × 0,5 cm (34 1/2 × 24 1/8 × 3/16 Zoll)

Maße

  • Maße der Bildträger: 87,6 × 61,3 × 0,5 cm (34 1/2 × 24 1/8 × 3/16 Zoll)

  • 87,9 × 62,9 cm (34 5/8 × 24 3/8 Zoll) (samt unterem Rand (Teil des Spannrahmen) und angebrachten vertikalen Leisten)

  • [Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Signatur / Datierung

Bezeichnet unten rechts: Schlangensignet mit aufstehenden Flügel

Signatur / Datierung

  • Bezeichnet unten rechts: Schlangensignet mit aufstehenden Flügel

  • [Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Eigentümer
The Metropolitan Museum of Art, New York
Besitzer
The Metropolitan Museum of Art, New York
Standort
New York
CDA ID
US_MMANY_11-15
FR (1978) Nr.
FR230E
Permalink
https://lucascranach.org/de/US_MMANY_11-15/

Provenienz

  • Rober Hoe, New York (bis zu seinem Tod 1909)
  • Verkauf seines Erbes durch die American Art Association, New York, Februar 17, 1911, Nr. 107, an R. W. de Forest für das MMA, Rogers-Stiftung
    [Cat. New York 2013, 63, No. 13]

Ausstellungen

  • Wooster 1944, S. 9
  • Dallas 1947, o. S., Abb.
  • Iowa City 1948
  • Bloomington 1948
  • Louisville 1948 - 49
  • Madison 1949, o. S., Abb.
  • Palm Beach 1950, Nr. 24
  • Lexington (Va.) 1950 - 51, Nr. 2
  • Georgia Museum of Art, University of Georgia, Athens, 1951 (kein Katalog)
  • Poughkeepsie 1956
  • New York 1963, Nr. 118
  • Constance Loewenthal in Leningrad und Moskau 1975, Nr. 14, Abb.
  • Düsseldorf 2017, Nr. 142

Quellen / Publikationen

Erwähnt auf Seite Katalognummer Tafel
Exhib. Cat. Düsseldorf 2017 242 No. 142
Herausgeber/inGunnar Heydenreich, Daniel Görres, Beat Wismer
TitelLucas Cranach der Ältere. Meister - Marke - Moderne. [anlässlich der Ausstellung "Cranach. Meister - Marke - Moderne", Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf, 08. April 2017 - 30. Juli 2017]
Ort der VeröffentlichungMunich
Jahr der Veröffentlichung2017
Cat. New York 2013 63-66 No. 13
Autor/inMaryan W. Ainsworth, Joshua P. Waterman
TitelGerman Paintings in The Metropolitan Museum of Art, 1350 - 1600
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung2013
Cat. New York 1995 220 Fig.
Autor/inKatharine Baetjer
TitelEuropean Paintings in the Metropolitan Museum of Art by Artists Born before 1865. A Summary Catalogue
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1995
McConnell 1991 75 Fig. p. 74
Autor/inSophie McConnell
TitelMetropolitan Jewelry
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1991
Warner 1990 23-24, 27 No. 14 Fig. 5
Autor/inPatricia Campbell Warner
TitelFetters of Gold. The Jewelry of Renaisance Saxony in the Portraits of Cranach the Elder
ZeitschriftDress
Jahrgang16
Jahr der Veröffentlichung1990
Seiten16-27
Straten 1983 64 No. 24
Autor/inAdelheid Straten
TitelDas Judith-Thema in Deutschland im 16. Jahrhundert. Studien zur Ikonographie - Materialien und Beiträge
Ort der VeröffentlichungMunich
Jahr der Veröffentlichung1983
Cat. New York 1980 36 (Vol. 1) Fig. p. 296 (Vol. 2)
Autor/inKatharine Baetjer
Herausgeber/inThe Metropolitan Museum of Art, New York
TitelEuropean paintings in the Metropolitan Museum of Art
Band1-3
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1980
Friedländer, Rosenberg 1979 No. 230E
Autor/inMax J. Friedländer, Jakob Rosenberg
Herausgeber/inG. Schwartz
TitelDie Gemälde von Lucas Cranach
Ort der VeröffentlichungBasel, Boston, Stuttgart
Jahr der Veröffentlichung1979
Davenport 1948 392 (Vol. 1) No. 1042 Fig.
Autor/inMillia Davenport
TitelThe Book of the Costume
Band1, 2
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1948
Cat. New York 1947 202, 206 Fig.
Autor/inMargaretta Salinger, Harry B. Wehle
Herausgeber/inThe Metropolitan Museum of Art, New York
TitelThe Metropolitan Museum of Art. A Catalogue of Early Flemish, Dutch and German Paintings
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1947
Exhib. Cat. Cambridge, Mass. 1936 38 100 Plate XX
Autor/inCharles L. Kuhn
Herausgeber/inGermanic Museum, Cambridge, Mass.
TitelCatalogue of the Germanic Museum exhibition of German paintings of the fifteenth and sixteenth centuries. Lent from American collections
Ort der VeröffentlichungCambridge Mass.
Jahr der Veröffentlichung1936
Friedländer, Rosenberg 1932 65 190e
Autor/inMax J. Friedländer, Jakob Rosenberg
TitelDie Gemälde von Lucas Cranach
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1932
Link http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/friedlaender1932
Cat. New York 1931 75
Autor/inBryson Burroughs
TitelCatalogue of Paintings. The Metropolitan Museum of Art.
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1931
Lentaglio 1931 140 Fig. p. 132
Autor/inGiuseppe di Lentaglio
TitelLa Giuditta Biblica nell'arte
ZeitschriftEmporium
Jahrgang74, (September 1931)
Jahr der Veröffentlichung1931
Parker 1927 17, 24 Fig. p. 25
Autor/inRobert Allerton Parker
TitelThe Revaluation of Lucas Cranach
ZeitschriftInternational Studio
Jahrgang87 (June 1927)
Jahr der Veröffentlichung1927
Seiten17-25
Auct. Cat. New York 1911 No. 107 Fig.
Herausgeber/inAmerican Art Association
TitelValuable Art Property Collected by the Late Robert Hoe of New York, sale Cat., Deluxe, New York, Feb. 15-March 3
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1911
Cat. New York 1911
Autor/inn. a.
TitelThe Metropolitan Museum of Art. Catalogue of the Paintings in the Metropolitan of Art n.p., addenda, May - June 1911, gallery 34
Ort der VeröffentlichungNew York
Jahr der Veröffentlichung1911
Metropolitan Museum 1911 Fig. p. 122
Autor/inn. a.
TitelJudith and Holofernes, by Cranach
ZeitschriftBulletin of the Metropolitan Museum of Arts
Jahrgang6, No. 5 (May 1911)
Jahr der Veröffentlichung1911
Seiten122, 124

Forschungsgeschichte / Diskussion

Die Judith-Darstellung des Metropolitan Museum wurde erstmals 1911 bekannt als sie aus dem Vermächtnis von Robert Hoe vom Museum angekauft wurde. Zu dieser Zeit war der Bart des Holofernes vergrößert um die blutige Wunde an seinem Hals zu verbergen. Nach Reinigung und Restaurierung konnte das Gemälde in die Reihe anderer Darstellungen des gleichen Themas von Cranach und seiner Werkstatt eingereiht werden. Darunter jene aus dem Kunsthistorischen Museum Wien und der Staatsgalerie Stuttgart.[1] Unten rechts zeigt die vorliegende Tafel eine bekrönte Schlange mit aufgestellten Flügeln und einem Ring im Maul, die Signatur, die Cranach vor 1537 benutzte. Weiterhin passen Technik und Ausführung des Werks vollständig in die gängige Praxis Cranachs und seiner Werkstatt in den 1530er Jahren. Diese Datierung deckt sich auch mit dem Gewandstil der Judith.[2] Die Zuschreibung an Cranach ist niemals in Frage gestellt worden, auch wenn ein tieferes Verständnis der Werkstattpraxis möglicherweise zu einem besseren Verständnis der Mitarbeiterbeteiligung bei solchen Gemälden, die in verschiedenen Versionen angefertigt wurden.[3]

Die Serienproduktion der Cranachwerkstatt mit Tafeln diesen Themas in den 1530er Jahren hat interessante Fragen zu möglichen Verbindung dieser Gemälde zum sächsischen Hof aufgeworfen. Da Judith in zeitgenössischer Kleidung dargestellt wird und ihre Physiognomie von Werke zu Werk variiert, vermuten manche Forscher, dass es sich um Bildnisse von bestimmten Hofdamen im Gewand der Judith handele.[4] David Oldfield, der anmerkte, dass nur das Schwert und der abgetrennte Kopf die Gemälde von üblichen Bildissen unterscheiden, hält es für wahrscheinlich, dass sich bestimmte Damen in der Rolle der tugendhaften Heldin darstellen ließen.[5] Wenn es sich bei dem vorliegenden Gemälde um ein Bildnis handelt [6], ist es zweifellos ebenso idealisiert wie bei der Judith aus dem Kunsthistorischen Museum Wien. Cranachs Bildnisse von Zeitgenossinnen wie die Prinzessinnen Sibylla, Emilia und Sidonia von Sachsen um 1535, zeigen eine deutlich größeres Interesse an den individuellen Physiognomien der Dargestellten, die offensichtlich auf genauer Beobachtung beruhen und sich darin von den Judiths aus Wien und New York unterscheiden.

Die Popularität des Judith-Themas hat zu verschiedenen Interpretationen des Gemäldes geführt. Im Mittelalter überwog die moralische Komponente der Erzählung, Judith wurde mit "Humilitas" und "Continentia" gleichgesetzt, da sie Holofernes bezwang, der für die Todsünden "Superbia" und "Luxuria" stand. Sie stand außerdem für Keuschheit und galt als Prototyp der Jungfrau Maria als "Ecclesia".[7]

Im 16. Jahrhundert trat eine politische Implikation des Judith-Themas deutlicher in den Vordergrund. Gertrud Rudloff-Hille stellte erstmals 1953 eine Verbindung zwischen Cranachs Judith und erstens dem Schmalkaldischen Bund - einer Allianz protestantischer Fürsten, die sich am 27. Februar 1531 in Schmalkalden offiziell formierte um sich gegen kaiserliche Angriffe zu schützen - und zweitens mit der Bedrohung durch die türkischen Angriffe her.[8] Werner Schade verfolgte diesen Gedanken und wies, wie es Rudloff-Hille auch tat, auf zwei Tafeln aus dem Jahr 1531 aus Gotha hin, Judith an der Tafel des Holofernes und dem Tod des Holofernes (Schlossmuseum, Schloss Friedenstein, Gotha).[9] Wer stellte fest, dass zeitgenössische Theologen, die nach einer christlichen Begründung für den Widerstand gegen den Kaiser gefragt wurden, die Geschichte der Judith heranziehen konnten, da es ihr Ziel war, die gemeinsam Heimat von einem Tyrannen zu befreien. In diesem Zusammenhang interpretierte Schade die mittlere stehende Figur an der Tafel des Holofernes als Philipp I., Landgraf von Hessen, einer der Gründer und Anführer des Bundes.[10] Helmut Börsch-Supan erweiterte Schades These indem er sie auf bestimmte Judithdarstellungen übertrug, vor allem auf ein Beispiel aus dem Jahr 1530 im Jagdschloss Grunewald, Berlin, das zum gleichen Typus wie die vorliegende Darstellung gehört. Er betrachtet diese Werke als Symbole des Schmalkaldischen Bundes und merkt an, dass die bekannten Beispiele vor der Gründung des Bundes entstanden sind.[11] Dieter Koepplin und Peter Gorsen teilten Schades These [12], allerdings änderte Schade zwanzig Jahre später, im Jahr 1994, seine Ansicht indem er anmerkte, die Bedrohung durch die Türken ebenfalls für die Deutung der Gothaer Gemälde wichtig wäre.[13] Anja Schneckenburger-Broschek führt ebenfalls eine halbfigurige Judith aus Kassel (Museum Schloss Wilhelmshöhe), zu datieren vor 1537, als Symbol des Widerstands gegen die türkische Invasion in Feld.[14]

Ebenso bedeutsam für die Deutung der Judithgemälde ist deren Beziehung zur zeitgenössischen Literatur.[15] Wie Henrike Lähnemann zuletzt ausgeführt hat, zeichnen einige anonyme Texte deutscher Meistersänger Judith als aktive, kluge und gerissene Heldin.[16] Genauer gesagt, betonen einige Flugblätter ihre zweifache Rolle als gleichsam tugendhaft und gefährlich/verführerisch. Nach Lähnemanns Ansicht, "hat das populäre Konzept der Judith sich im 16. Jahrhundert zu einem anhaltenden Zustand der Ambivalenz entwickelt, geformt aus den divergenten Schwerpunkten der kurzen Erzählungen aus vorangegangenen Jahrhunderten."[17] Sicherlich spielte diese Ambivalenz am sächsischen Hof eine Rolle und trug dazu bei die Popularität der Judithdarstellungen zu garantieren.

Judiths zweifache Rolle wirft außerdem ein neues Licht auf die moralisierende Interpretation der Erzählung. Zusammen mit anderen Figuren der Antike und der Bibel, benutzte Judith ihre Reize dazu einen Mann überwinden. Diese Themen, gemeinhin bekannt als Weibermacht und Weiberlisten, waren bereits in der Literatur, Druckgrafik und angewandten Kunst des Mittelalters weit verbreitet. Cranach war einer der ersten Künstler des 16. Jahrhunderts, der diese Themen in den Bereich der Malerei transferierte, sowohl als halbfigurige Darstellung, wie Judith und Salome, als auch in Historienbildern, wie Lot und seine Töchter und Aristoteles und Phyllis.[18] Die Einführung eines neuen Mediums zur Darstellung dieser Themen warf die Frage nach dem Gebrauchszusammenhang der Gemälde auf.[19] Sollte das vorliegende Gemälde etwa als Einzelwerk hängen oder mit einer ganzen Reihe von Weibermacht-Darstellungen? Leider bietet die Tafel keinen Hinweis auf ihre ursprüngliche Bestimmung. Bis neue Beweise vorliegen, kann Judith mit dem Kopf des Holofernes als ein erstklassisches Beispiel einer der wichtigsten Bildthemen sächsischer Hofkunst angesehen werden, dessen Bedeutung ebenso multivalent geblieben ist, wie es vielleicht auch zu seiner Zeit bereits war.

[1] Die Stuttgarter Judith ist Nr. 643 (Guido Messling, Brüssel und Paris 2010 – 11,S. 212 – 13, Nr. 114, ill. p. 238).

[2] Eine Datierung in die 1530er Jahre vertreten Max J. Friedländer und Jakob Rosenberg (1932, S. 65, Nr. 190e; Friedländer und J. Rosenberg 1978, S. 115, Nr. 230E), zwischen 1526 und 1537; Charles Kuhn (1936, S. 38, Nr. 100), zwischen 1530 und 1535; Harry Wehle und Margaretta Salinger (1947, S. 202), um 1530.

[3] Vgl. Heydenreich zu Cranachs werkstattproduktion (Heydenreich 2007b, besonders S. 289 – 301). Zwei weitere minderwertigere Kopien des vorliegenden Gemäldes in Sao Paulo (18.5 × 15.5 cm; Fotografie in den Werkakten, Department of European Paintings, MMA) und in der Goudstikker Sammlung (21 × 15.5 cm, wurde den Goudstikker-Erben 2006 wieder übergeben).

[4] Robert Allerton Parker nannten das Gemälde des Museums "predominantly a portrait" (R. A. Parker 1927, S. 17). Karl Schütz (in Wien 1972, S. 24) verstand die Versionen aus Wien und Stuttgart als "historically disguised portraits", auch wenn Heinrich Zimmermann sie als Judiths in zeitgenössischem Gewand ansah (H. Zimmermann 1969, S. 284). Helmut Börsch-Supan (1974, S. 418) nahm sogar an, dass die Beispiele aus Wien und Stuttgart die gleiche Frau zeigten, die wiederum auch im Bildnis einer Frau (Waldemar von Zedtwitz Collection, New York) dargestellt wurde.

[5] Oldfield 1987, S. 9, 10, Anm. 4.

[6] Bei der Charakterisierung des Metropolitan-Gemäldes als "predominantly a portrait", beklagte Parker das Fehlen emotionalen Ausdruck bei der Figur (R. A. Parker 1927, S. 17, 24).

[7] Zur Sicht vom Mittelalter bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf Judith vgl. Schreyl 1990b, S. 195 – 203.

[8] Rudloff-Hille 1953, S. 35.

[9] Schade 1972b, S. 374; Schade 1974, S. 58; Schade 1980, S. 58.

[10] Berlin 1983, S. 304, Nr. E 17.1, E 17.2.

[11] H. Börsch-Supan 1974, S. 417. Judith mit dem Kopf des Holofernes und zwei Begleitern von 1525 (Gustav Rau Sammlung, UNICEF Deutschland, im Bestand des Arp Museums Bahnhof Rolandseck, Remagen [GR 1.691]; Basel 1974, Bd. 1, S. 227, Abb. 143) wäre eine Ausnahme für diese These.

[12] Koepplin in Basel 1974, Bd. 2, S. 578; Gorsen 1980, S. 74.

[13] Für Schades These vgl. Gotha 1994, S. 23, unter Nr. 1.4. Kristin Eldyss Sorensen Zapalac widerspricht Schades Annahme und vermutet stattdessen sei Judith zum Symbol der protestantischen Sache geworden (Zapalac 1994, S. 57 – 58; vgl. auch Zapalac 1990, S. 120 – 26, 128). Es sei angefügt, dass keine bekannte zeitgenössische Quelle Judith als Schutzpatronin der protestantischen Bewegung identifiziert.

[14] Schneckenburger-Broschek 1997, S. 70, 73 – 74.

[15] Vgl. besonders Baltzer 1930; Seibert 1970; Strumwasser 1979, S. 107 – 13; Straten 1983, S. 19 – 21; Bernadine Ann Barnes in Washington 1990 – 91, S. 60 – 73; Zapalac 1994; Löcher 1999, S. 32.

[16] Lähnemann 2010.

[17] Ebd., S. 251 – 52.

[18] Zu Cranachs Darstellungen der Weibermacht und Weiberliste, vgl. Koepplin in Basel 1974 , Bd. 2, S. 562 – 85; Straten 1983, S. 30 – 33, 34 – 35, 41 – 45, 46 – 50; Barnes in Washington 1990 – 91, S. 60 – 73; Zapalac 1994; Hammer-Tugendhat 1997; Aikema 2010; Véronique Bücken in Brüssel und Paris 2010 – 11, S. 54 – 65; Joachim Jacoby in Rom 2010 – 11, S. 224 – 33, Nr. 29 – 31.

[19] In diesem Zusammenhang wird gelegentlich die 1507 erschienene Beschreibung des Wittenberger Schlosses angeführt. Diese berichtet, dass die beschriebenen Darstellungen im Schlafgemach Johanns, des Herzogs von Sachsen hingen (vgl. Basel 1974, Bd. 2, S. 563; erschienen in Bauch 1894, S. 431 – 32). Peter Strieder (2005) halt diese Quelle jedoch für größtenteils fiktional.

[Ainsworth, Cat. New York 2013, 63, 287, No. 13]

  • Judith mit dem Kopf des Holofernes, um 1530

Abbildungen

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  • x_radiograph

Kunsttechnologische Untersuchung

2017Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Infrarot-Reflektografie
  • irr

Unterzeichnung

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- trockenes, dunkles Zeichenmedium, Stift

Typ/Duktus:

- sparsame Unterzeichnung, nur vereinzelt sichtbar (z. B. Nasenflügel, am linken Ohr, in den Händen, am Schwert)

- zarte Linien

Funktion:

- verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Gesichtszügen und vermutlich manche Binnenformen angegeben; keine plastische Wiedergabe

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich

[Sandner, Smith-Contini, Heydenreich, cda 2019]

  • fotografiert von Gunnar Heydenreich

08.04.2013Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Holzartenbestimmung / Dendrochronologie

Bildträger

Holzartenbestimmung: Birkenholz (Populus sp.)

  • analysiert von Peter Klein

2013Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Holzartenbestimmung / Dendrochronologie
  • Infrarot-Reflektografie

Bildträger

Der Bildträger besteht aus vier Lindenbrettern mit vertikal verlaufender Maserung.[1] Wie bei einigen anderen Cranachtafeln sind die Fugen der Bretter schräg.[2] Obwohl Belege vorliegen, dass die Tafeln beschnitten wurde, korrespondieren die Gesamtmaße mit den Dimensionen von Format D nach Heydenreich.[3] Röntgenaufnahmen weisen lange, dünne, gekrümmte Wergfasern unter der Grundierung, die in breiten, horizontalen Bändern oben und unten sowie in kleinerer Menge oberhalb der Mitte und nahe des oberen Rands angebracht wurden. Diese Verteilung von Werg ist charakteristisch für Tafeln, die in Cranachs Werkstatt ab 1514 entstanden sind.[4] In einigen Bereichen, wie bei Holofernes linkem Auge, sind die Fasern in Rissen der Grundierung und der Farbschichten sichtbar.

[1] Holzartbestimmung durch Marijn Manuels, Conservator, Department of Objects Conservation, MMA (Bericht, 18. April 18, 2012, Akten, Department of Paintings Conservation, MMA). Datierung des Holzes war nicht möglich.

[2] Die schräg verlaufenden Fugen zeugen von einer effizienten Nutzung der Bretter, die sich an einer Seite entsprechend des Baumstamms verjüngen. Die Bretter wurden in längs mittig durchtrennt. Die Zuschnitte wurden mit den unregelmäßigen Seiten aneinander gelegt um eine grob vollständige Fläche zu bilden.

[3] Heydenreich 2007b, S. 43.

[4] Ebd.., S. 69.

Grundierung und Imprimitur

Die Grundierung besteht aus Calciumcarbonat gebunden mit tierischem Leim. Obwohl eine Trennschicht in zwei Querschliffen oberhalb der Grundierung keine Pigmente aufwies, zeigen die Röntgenaufnahmen horizontale Bänder innerhalb der vorbereitenden Schichten, die typisch für Cranach und seine Werkstatt sind.

Unterzeichnung

Nur zwei dünne Linien im unteren Bereich des Mieders sichtbar.[1]

[1] IRR ausgeführt mit Einstellung D; vgl. S. 276.

Farbschichten und Metallauflagen

Als eine der mindestens 18 Versionen des Themas bei Cranach und seiner Werkstatt, zeigt die Tafel die typischen systematischen Vorgehensweisen des Künstlers. Diese dienten einer schnellen Herstellung und der Vereinfachung der Vervielfältigung. Der rote Hut der Judith z. B. wurde mit schwarz vermischt mit etwas Zinnober angelegt, gefolgt von opaken Schichten aus Zinnober in unterschiedlichen Stärken, abhängig am Bedarf an Licht und Schatten und abgeschlossen mit einer Karminlackschicht. Die gleiche schwarze Grundierung wurde beim grünen Gewand genutzt, hier gefolgt von eimen hellem opaken Grün, hergestellt aus einer Mischung aus Bleigelb (Typ I) und einem kupferhaltigen Blau (wohl Azurith), zusammen mit Bleigelbhöhungen und einer kupferhaltigen grünen Schicht. Das Haarnetz, der Kleidungsdekor, Goldschmuck und Schwertgriff zeigen einen üblichen Malschichtaufbau bei Cranachgemälden: ein

bräunliches Orange gefolgt von dunkelbraunen Schattierungen und bleigelben Höhungen, stellenweise verstärkt (etwa an den Rändern des Kleides) mit sporadischen Blassrosehöhungen. Die fensterförmige Reflexion in Judiths Augen sind ebenso charakteristisch, ebenso wie es die roten Akzente am der Reflexion gegenüberliegende Rande der Pupille ist.

Rahmung

Nicht original

[Cat. New York 2013, 63, 287, No. 13]

06. 2007Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Röntgengrobstrukturanalyse
  • x_radiograph
  • erstellt von The Metropolitan Museum of Art, New York

Erhaltungszustand

Datum2013

Obwohl Belege existieren, dass die Tafel beschnitten wurde, steht das Gesamtformat dem Format D bei Heydenreich nahe.[...]

Bevor die Tafel in die Sammlung kam wurde sie stark beschädigt, weshalb sie auf 5 cm gedünntu nd parkettiert wurde. Die Parkettierung wurde im Anschluss entfernt, die Tafel wird nun von einer Konstruktion gestützt, die ihr Stabilität verleiht ohne die Bewegung des Holzes zu verhindern.[1]

Abgesehen von den starken Beschädigungen, die unten angeführt werden, ist die Malerei in einem sehr guten Zustand. Das Blutrots am Hals des Holofernes ist etwas abgerieben und möglicherweise verblasst. Lasuren im Bereich der Brüstung scheinen ebenfalls beschädigt. Signifikant sind die großen Verluste entlang der Brettfugen. Dazu gehören: jene, die durch den gesamten Körper der Judith, jene, die durch die linke Seite des abgeschlagenen Kopfes und dem Schwer darüber und jene, die am rechten Rand der Kopfbedeckung und durch Judiths linken Arm hinunter zur Brüstung verlaufen.

[1] Bisacca 1998.

[Cat. New York 2013, 63, 287, No. 13]

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

Eintrag mit Autor
<Autorenname>, 'Judith mit dem Kopf des Holofernes', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/US_MMANY_11-15/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
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'Judith mit dem Kopf des Holofernes', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/US_MMANY_11-15/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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