Ruhende Quellnymphe

Direkt abhängig ist die Kasseler Tafel von einer qualitativ hochwertigeren Ausführung in New York, von der sie sich im Gegenständlichen lediglich durch die über zwei Zeilen reichende Inschrift und einzelne Vereinfachungen unterscheidet: Ein auf dem Bogen der Quellnymphe sitzender Vogel ist ausgelassen, ebenso ein Astloch oberhalb des Köchers mit Pfeilen. [1]

Die ohnehin komplexe und in ihrer Deutung durchaus unsichere Ikonografie wird durch die Waffen der Ruhenden noch erweitert, denn Nymphen gehörten auch dem Gefolge der Diana an, der Göttin der Jagd. Das äsende Wild auf dem jenseitigen Ufer könnte diesen Zusammenhang stützen und über die traditionelle Gleichsetzung von Jagd und Begehren Anlass geben, die voyeuristische Betrachtersituation zu reflektieren. [2] Das tödliche Ende des bekanntesten Opfers eines auf nackte Nymphen aus dem Gefolge Dianas geworfenen Blickes, des Jägers Aktäon, wäre dann als unausgesprochene Drohung der Bildbeischrift zu verstehen - schließlich lässt diese offen, welche Folgen die Nichtbeachtung der Ruhepflicht durch den Betrachter hätte.

[1] Cat. Kassel 1997, 92-94; Cat. New York 1998, 48-54, No. 10

[2] Hierzu Dieter Koepplins Ausführungen im Exhib. Cat. Basel 1974, 635 f.

[Exhib. Cat. Gotha/Kassel 2015, 214]

[siehe auch MHK online database, accessed 07.12.2020]