Bildträger
Stereomikroskopie, RF-Analyse (Thermo Scientific - Niton XL3t GOLDD+), UV-Untersuchung, Röntgengrobstrukturanalyse (Oehm u. Rehbein, Leonardo/ Varex-Perkin Elmer XRPad2 4336), Infrarotreflektografie (Osiris 900 – 1700 nm)
Bildträger ist ein Buchenholzbrett (19,1 x 14,8 x 0,25 cm) im Standardformat „A". Die Faserrichtung verläuft vertikal. Die Rückseite wurde mit einem Hobel quer zur Faserrichtung sorgfältig bis zu den Kanten geglättet (ohne Falz oder Abschrägung) und mit einem sehr wahrscheinlich originalen schwarzen Anstrich abgedeckt, der die Tafelränder ausspart. Hier sind umlaufend Leimspuren erhalten, die auf eine ursprüngliche Einfassung in einem heute nicht mehr erhaltenen Rahmen schließen lassen.
Grundierung und Imprimitur
Die Tafel ist weiß grundiert. Der Auftrag der Grundiermasse erfolgte nicht im gerahmten Zustand, d.h. an den Rändern läuft die Grundierschicht unregelmäßig aus. Umlaufend gibt es an den Tafelrändern feine Ritzungen in der Grundierung, die wahrscheinlich die Größe der Darstellungsfläche für den nachfolgenden Farbauftrag markierten. Wahrscheinlich erfolgte die ursprüngliche Rahmung erst nach Fertigstellung der Malerei.
Unterzeichnung
Das Infrarotreflektogramm zeigt feine Unterzeichnungslinien, die mit einem trockenen Medium ausgeführt wurden. Konturen und Binnenformen des Kopfes sind sparsam mit einzelnen Linienzügen vorgegeben, die sich bei hoher Vergrößerung teilweise in einzelne Punkte auflösen. Möglicherweise entstanden diese Linien auf der Grundlage einer Griffelpause. Die Konturen von Kopfbedeckung und Schultern erscheinen mit mehreren einander teils überlagernden Linienzügen und einem schmal zeichnenden Stift freier gezeichnet. Hier gibt es geringfügige Abweichungen zwischen Unterzeichnung und nachfolgender malerischer Umsetzung.
Farbschichten und Metallauflagen
Mittels RFA konnten in den Farben enthaltene Elemente detektiert und in Verbindung mit den optischen Merkmalen Signale für folgende Farbmaterialien ermittelt werden: Bleiweiß, kupferhaltiges Blau (Azurit), Zinnober, Eisenoxid/Ocker und Kohlenstoffschwarz.
Der Nachweis von Calcium lässt die Verwendung von Calciumcarbonat oder/und Gips in der Grundierung vermuten.
Inkarnattöne wurden unter Verwendung von heller Lokalfarbe (Bleiweiß, Zinnober, Eisenoxid) graubraunen teilweise gestupften Schattentönen, intensiver rosa ausgemischten und deckend applizierten Hauttönen sowie einzelnen weißlichen Lichtakzenten modelliert. Die Augen erscheinen mit weißlichen und dunklen Lidrändern auffällig scharf konturiert. Auf einer braunen Iris sind Lichtreflexe in Form von zwei vertikal ausgerichteten und leicht gekrümmten Linien ausgeführt, wobei die kleinere der beiden die schwärzliche Pupille überlagert.
Der Auftrag der sehr feinkörnigen blauen Hintergrundfarbe (Azurit und Bleiweiß) erfolgte mit dem Stupfpinsel. Die Modellierung der schwarzen Gewandfalten erscheint fein nuanciert. Alle Einzelformen wurden unter klarer Abgrenzung und geringfügiger wechselseitiger Überschneidung der Farbflächen ausgeführt. Wesentliche Veränderungen der Komposition im Malprozess sind nicht erkennbar.
[Heydenreich, unveröffentlichter Untersuchungsbericht, 15.05.2023]