Bildnis Kaiser Karls V.

Cranach malte das erste Porträt Karls V. (Ghent 1500 - Yuste 1558) im August 1508 während seiner Reise in die Niederlande. Wenig ist von diesem verlorenen Werk bekannt, in dem der Künstler den achtjährigen zukünftigen Kaiser malte als er noch Erzherzog am Hof der Margarethe von Österreich war. Zum zweiten Mal trafen Cranach und Karl 1547 nach der Schlacht bei Mühlberg aufeinander, als Cranach vor dem Monarchen für Johann Friedrich von Sachsen vorsprach, der während der Schlacht gefangengenommen und zum Tode verurteilt worden war.

Karl wird als Brustbild vor einem einfachen grünen Hintergrund gezeigt. Das Licht fällt von links ein. Den einzigen Hinweis auf den Rang des Dargestellten, der an seinen physiognomischen Eigenheiten leicht zu identifizieren ist, liefert die Halskette mit dem Emblem des Ordens des Goldenen Vlieses. Die Kette besteht aus einer wechselnden Folge von Gliedern, die Flammen und Feuersteinen nachempfunden sind und dem Vlies, das in der Mitte angebracht ist. Karl wurde in vielen Bildnissen mit diesem Machtsymbol porträtiert, allerdings mit Variationen bei Flamme und Feuerstein. Das Farbspektrum des Bildnisses ist sehr begrenzt und besteht nur aus dem Schwarz von Kleidung und Hut - letzterer ein Bestandteil, das auch in anderen Porträts des Kaisers auftritt - und dem Kastanienbraun von Haaren, Bart und Gewandbesatz.

Indem er den Kaiser ohne Idealisierung malt, benutzt Cranach eine Formel, die er entwickelt und häufig bei höfischen Bildnissen angewandt hat. Demnach sehen wir das längliche Gesicht mit dem vorspringenden Kinn, zum Teil verdeckt vom Bart, die große Nase und die fleischige Oberlippe. Dieser realistische Ansatz steht im Gegensatz zu den offiziellen Bildnissen Karls von Tizian bei denen der venezianische Künstler, die körperlichen Defizite des Dargestellten weniger betont.

Dass der Kaiser nach links blickt hat zu der Vermutung geführt, diese Tafel sei Teil eines Bildpaares. Jedoch macht der soziale Rang des Porträtierten unwahrscheinlich, dass er auf der rechten und damit der traditionell weniger wichtigen Seite platziert würde. Nur sein Großvater Maximilian I. hätte die andere Seite einnehmen können. Auch wurde vermutet, die Tafel sei Teil einer Bildnissserie der Herrscher, die von evangelischer Seite als Geschenk für den Kaiser in Auftrag gegeben wurde.

[Museo Thyssen-Bornemisza, revised 2012]