Da die Sünde für Luther untrennbar mit dem menschlichen Wesen verbunden ist, bedarf der Gläubige des mosaischen Gesetzes, um sich seiner Sündhaftigkeit bewusst zu werden. Er muss erkennen, dass er an den Geboten des strafenden alttestamentarischen Gottes in jedem Fall scheitert und darüber verzweifeln wird. Diese Verzweiflung ist gleichsam Voraussetzung
Da die Sünde für Luther untrennbar mit dem menschlichen Wesen verbunden ist, bedarf der Gläubige des mosaischen Gesetzes, um sich seiner Sündhaftigkeit bewusst zu werden. Er muss erkennen, dass er an den Geboten des strafenden alttestamentarischen Gottes in jedem Fall scheitert und darüber verzweifeln wird. Diese Verzweiflung ist gleichsam Voraussetzung für die Errettung durch Christus und das Evangelium. Der von Luther hervorgehobenen Differenzierung von Gesetz und Evangelium entsprechend, zeigt das Gothaer Bild einen dichotomen Aufbau. Die Bildfläche wird in der Mitte durch einen Baum in zwei Hälften geteilt, der links vertrocknete und rechts grünende Äste trägt.
Von Tod und Teufel in die lodernden Flammen der Hölle gejagt, erscheint der verzweifelte, sündige Mensch auf der linken Seite. Sein Blick geht nach rechts, wo ihn Moses, in einer Gruppe von Propheten des Alten Testaments stehend, auf die Tafeln der zehn Gebote verweist. Mit Darstellungen des Sündenfalls und des Jüngsten Gerichts in der weiten Landschaft werden Ursprung und Strafe der menschlichen Verfehlung benannt.
Direkt rechts des Baumstamms ist Johannes der Täufer zusammen mit dem nackten Menschen der linken Seite zu sehen. Johannes als der letzte Prophet vor Christus steht für Luther zwischen Gesetz und Evangelium, weshalb ihm hier die Rolle des Vermittlers zukommt. Er lenkt die Aufmerksamkeit des Menschen, der vollkommen ruhig und mit gefalteten Händen dasteht, auf den Gekreuzigten am rechten Rand des Bildes. Von der Seitenwunde Christi geht ein Blutstrahl aus, der auf der Brust des Nackten niedergeht. In dem Blutstrahl erscheint die Taube des Heiligen Geistes. Hier zeigt sich, dass allein Christus, der stellvertretend für den Menschen gestorben ist und dessen frohe Botschaft vom Heiligen Geist übermittelt wird, die Verurteilung durch das Gesetz aufheben kann. Nur durch seinen Glauben, sola fide, wird der Mensch der göttlichen Vergebung in Form des erlösenden Blutstrahls teilhaftig. Der auferstandene Christus, der vor der Grabeshöhle hinter dem Kreuz Tod und Teufel niederringt, entschebt in der oberen rechten Ecke bereits gen Himmel. Der Sünder der Seite des Gesetzes ist hier jedoch ein Gerechter, womit die Komposition den Aspekt des simul iustus et peccator verdeutlicht. Vor den Toren der Stadt Bethlehem erscheint im Hintergrund der rechten Seite die Verkündigung an die Hirten. Die ebenfalls dargestellte Szene mit der Erhöhung der ehernen Schlange - einer Episode des Alten Testaments, die für Luther eine große Rolle spielte und typologisch auf die Kreuzigung hindeutet - zeigt, wie das Volk der Israeliten vor dem Tod durch das Gift der Schlange gerettet wird, indem es der Weisung Gottes folgt.
Beide Szenen verdeutlichen das Anerkennen von Gottes Wort durch den Menschen. Für den Betrachter wird klar, dass Gesetz und Evangelium die gleiche frohe Botschaft verkünden, die immer zu Christus hinführt. Zitate aus dem Alten und Neuen Testament unterstreichen die Aussage und liefern zudem die biblische Legitimation der Darstellung.
[vgl. Görres, in Bonnet, Kopp-Schmitt, Görres 2010, 170]
- Zuschreibungen
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Lucas Cranach der Ältere
Werkstatt Lucas Cranach der Ältere
Zuschreibungen
Lucas Cranach der Ältere | [Fleck 2010, 489-490] |
Werkstatt Lucas Cranach der Ältere | [Fleck 2010, 489-490] |
- Datierung
- 1532
Datierung
1532 | [datiert] |
- Maße
- Maße Bildträger: 50 x 75 cm [Fleck 2010, 489-490]
Maße
Maße Bildträger: 50 x 75 cm [Fleck 2010, 489-490]
49 x 77,5 cm [Rhode 1928, pl 4.]
- Signatur / Datierung
Bezeichnet am Baumstamm in der Bildmitte: Schlangensignet und Jahreszahl "1532" [Fleck 2010, 489-490]
Signatur / Datierung
Bezeichnet am Baumstamm in der Bildmitte: Schlangensignet und Jahreszahl "1532" [Fleck 2010, 489-490]
- Inschriften und Beschriftungen
Links neben dem Weltenrichter:
"Ro. I. / Es wird offenbart gotis zorn von / hymel uber aller menschen gottlos …Inschriften und Beschriftungen
Inschriften, Wappen:
Links neben dem Weltenrichter:
"Ro. I. / Es wird offenbart gotis zorn von / hymel uber aller menschen gottlos / wesen und unrecht." (= Röm 1,18)
Auf der entgegengesetzten Seite neben Emanuel: "Isaia 7. / Der Herr wird euch selbs ein zeichen / geben. Sihe ein jungfraw ist [übermalt statt: wirdt] Schwanger sein und einen son geperen." (= Jes 7,14)
Unter dem Bildfeld:
"Sie sind allezumal sünder vnndt / mangeln das sie sich gottes nicht / rhümen mügen Ro. 3. // Die sünde ist des todes spies Aber / das gesetz ist der sünden krafft .I. / Cor. 15. Das gesetz richtet zorn / an Ro. 4. // Durchs gesetz kompt erkentnus der / sünden Ro. 3. Das Gesetz vnd / die propheten gehn bis auf Jo / hannes zeit. Math. II. // Der gerecht lebt seines glaubens. / Ro. I. Wir halten das ein mensch / gerecht werde durch den glauben: / on werck des gesetzs. Ro. 3. // Sihe das ist gottes lamp das der / welt sünde tregt. S. Joh. Bap: Jo.I. // In der heiligung des geistes zum / gehorsam vnd besprengung des bluts / Jesu Christi .I. Pet. I. // Der tod ist verschlungen ym sieg / Tod wo ist dein spies: helle wo / ist dein sieg. Dqngk habt Gott / der uns den sieg gibt durch Jesum / Christum vnseren herren .I. Cor. 15" (= Röm 3,20; I. Kor 15,56; Röm 4,15; Röm 3,20; Mt 11,3; Röm 1,17 u. 3,28; Joh 1,29; I. Petr 1,2; I. Kor 15,54/55/57); auf den Gesetzestafeln hebraisierende Schriftzeichen
[Fleck 2010, 489-490]
- Eigentümer
- Kunstsammlungen der Stadt Königsberg i. Pr.
- Besitzer
- Gemälde nicht erhalten
- CDA ID
- RU_KSSK-Lost_NONE-001
- FR (1978) Nr.
- FR221B
- Permalink
- https://lucascranach.org/de/RU_KSSK-Lost_NONE-001/