Der kleinformatige Holzschnitt I.5D2 gehört zu den vier Hans Baldung Grien zugeschriebenen Luther-Bildnissen, die vor allem in Druckschriften Verwendung fanden.[1] Hans Baldung Grien adaptiert darin die mit dem Holzschnitt I.5D1 kurz zuvor formulierte Bildanlage einer frontal stehenden Ganzfigur. Anders als bei dieser Fassung heben parallele eng gesetzte Hintergrundschraffuren die Figur
Der kleinformatige Holzschnitt I.5D2 gehört zu den vier Hans Baldung Grien zugeschriebenen Luther-Bildnissen, die vor allem in Druckschriften Verwendung fanden.[1] Hans Baldung Grien adaptiert darin die mit dem Holzschnitt I.5D1 kurz zuvor formulierte Bildanlage einer frontal stehenden Ganzfigur. Anders als bei dieser Fassung heben parallele eng gesetzte Hintergrundschraffuren die Figur ab. Das Bildnis ist hochrechteckig von einer Einfassungslinie gerahmt. Während Luther auf I.5D1 das Buch an den Körper drückt, legt die Neuinterpretation es ihm locker zwischen die Finger der linken Hand. Zudem wird die direkte Frontalität und Symmetrie hier durch das angewinkelte Spielbein sowie das deutlich verkleinerte Format abgeschwächt. Insgesamt 63 Abzüge dieses Luther-Bildnisses wurden im Rahmen des KKL untersucht.
Der Holzschnitt wurde erstmals a) in Huttens Gesprächbüchlein genutzt, dessen Druck Johann Schott zuzuschreiben[2] und auf Anfang Mai 1521[3] zu datieren ist. Das kleinformatige Werk wird innerhalb dieses Werks zweimal genutzt. Einmal ist es Teil des Titelholzschnitts auf dem Luther Ulrich von Hutten in Ganzfigur und mit Rüstung und Schwert ausgestattet gegenübersteht. Unter Luther steht die Inschrift „Veritatem meditabitur guttur meum“, unter Ulrich von Hutten „Perrumpendum est tandem[,] perrumpendu[m] est.“ Die darüber liegende Schrift kennzeichnet beide namentlich. Außerdem bebildert es – erneut mit Ulrich von Hutten als Pendant – die letzte Seite der Druckschrift und ist mit den jeweiligen Namen oberhalb sowie einem deutschsprachigen Vierzeiler versehen, der Luther und Ulrich von Hutten als Verfechter der Wahrheit markiert.[4]
Als zweite Verwendung ist b) die unfirmierte, Johann Schott zugeschriebene Druckschrift Postille oder Auslegung der Epistel zu nennen, die auf nach 14. November 1521 datiert werden kann. Der Holzschnitt I.5D2 befindet sich auf der letzten Seite, unterhalb eines deutschsprachigen Gedichts, das Luthers Standfestigkeit im Glauben preist.[5]
Die dritte c) und vierte d) Verwendung des Holzschnitts I.5D2 ist in zwei unfirmierten, gleichfalls Johann Schott zugeschriebenen Drucken von Michael Stifels „Von der christförmigen Lehre Luthers“ zu finden. Zusätzlich befindet sich auf A2v Hans Baldung Griens Holzschnittbildnis mit der Heilig-Geist-Taube (I.3D1). Der Erstdruck[6] ist zwischen Jahresende (vermutlich ab November) 1521[7] und 24. Mai 1522 zu datieren, der Nachdruck[8] ist auf das Jahr 1525 datiert. Der Holzschnitt wird auf dem Titelblatt sowie auf der letzten Seite genutzt, dort mit einer Bordüre[9] und einem vierzeiligen Reim versehen: „Gedult hab kleine zeyt mit mir / Bitz das ich bring noch meer haͤrfür / Zů lob Gotts in seiner ewigkeit / Und dir zů deiner seligkeit.“ Bei der Verwendung des relativ unspezifischen Bildes in Stifels Flugschrift bleibt freilich offen, ob das Bild den Autor und Ordensbruder Luthers oder den Reformator selbst darstellen soll, dessen Lehre in der Flugschrift beschrieben wird (vgl. dazu auch I.5D3).
Verwendung in Druckschriften:
a) Gespräch buͤchlin|̇| herr Vlrichs von Hutten.|| Feber das Erst.|| Feber das Ander.|| Wadiscus. oder die || Roͤmische dreyfaltigkeit.|| Die Anschawenden || ... ||
VD16 H 6342
Erscheinungsdatum: im jar ... || M.CCCCC. vnd einvndzweintzigsten.|| [Impr.]; 1. Mai 1521 [KKL 2022; Nettner-Reinsel 1988, S. 135]
Offizin: Johann Schott [KKL 2022]
Position im Buchverbund: A1r sowie letzte Seite r
b) POSTIL || Oder vszleg der Epistel || vnd Euangelien || durch den Aduent.|| Doctor Martin Luthers.|| ... ||
VD16 L 4550; Benzing 854
Erscheinungsdatum: Tausent || Fünffhundert.xxj.|| [Impr.]; nach 14. November 1521 [KKL 2022]
Offizin: Johann Schott [KKL 2022]
Position im Buchverbund: letzte Seite r
c) Bruͤder Michael Styfel || Augustiner von || Esszlingen.|| Von der Christfoͤrmigen/ rechtgegruͤndten leer Doctoris || Martini Luthers/ ein uͤberuß schoͤn kunstlich || Lyed/ sampt seiner neben vßlegung.|| Jn bruͤder Veiten || thon.[10]
VD16 S 9020
Erscheinungsdatum: nach November 1521, vermutlich 1522 [KKL 2022]
Offizin: Johann Schott [KKL 2022]
Position im Buchverbund: A1r sowie letzte Seite v
d) Bruͤder Michael Styfel || von Esszlingen.|| Von der Christfoͤrmigen/ rechtgegründtẽ leer Doctoris || Martini Luthers/ ein uͤberuß schoͤn kunstlich Lyed/|| sampt seiner neben vßlegung. Newlich gemeert || vnd erstreckt/ vff fuͤnfftzig gesetz/ Jñhal||tend den gantzen grundt Christ=||liches wesens.|| Jn bruͤder Veiten || thon.||
VD16 S 9021
Erscheinungsdatum: 1525 [Impr.]
Offizin: [Johann Schott] [KKL 2022]
Position im Buchverbund: A1r
Amalie Hänsch, Thomas Klinke
[1] Ein fünftes fand wohl als Einblattdruck Verwendung (vgl. I.4D2).
[2] Eine Zuschreibung an Schott ist auch deswegen wahrscheinlich, weil der blattfüllende Holzschnitt Ulrich von Huttens (fol. 4v) in der Anlage der Druckschrift und der Ausführung an I.2D2 erinnert, der gleichfalls Schott zugeschrieben werden kann.
[3] Vgl. Nettner-Reinsel 1988, S. 135.
[4] Vgl. Kaufmann 2019, S. 276–279.
[5] Fol. [R6r ohne Paginierung]: „Far für ach Luther fromm Gotts knecht / Den weg der gnaden zöigst vns recht. / Entzundt hast vnser hertz vnd sinn / In Christo hast du schon gwinn. / Farfür / vnd lassz dich irren nit / Gott sey dein lon / ist aller bitt. / Du rürst den grund / erkennen wir. / Gots huld vnd gnad beywonet dir.“
[6] VD16 S 9020.
[7] Vgl. Schröder 1989, S. 59.
[8] VD16 S 9021.
[9] Vgl. zu anderen Nutzungen der Bordüre Oldenbourg 1962, S. 54, Nr. 136.
[10] Vgl. Clemen 1909, S. 261–352.
Quellen / Publikationen:
Ficker 1920, S. 24–25; Ficker 1934, S. 117, Nr. 33; Benzing 1956, Nr. 225; Ausst.-Kat. Karlsruhe 1959, S. 370; Oldenbourg 1962, S. 122, Nr. 354; Ausst.-Kat. Schlüchtern 1988, S. 127–129; Nettner-Reinsel 1988, S. 127–129; Ausst.-Kat. Mainz 1990, Nr. 96; Scribner 1994, S. 266, Nr. 20; Gülpen 2002, S. 255–257; Aurnhammer 2006, S. 163–164; Muller 2017, S. 34–42; Ausst.-Kat. Karlsruhe 2019, Nr. 218; Kaufmann 2019, S. 276.
- Zuschreibungen
-
Hans Baldung Grien, Inventor*in
Hans Weiditz, Inventor*in
Zuschreibungen
Hans Baldung Grien, Inventor*in | [KKL 2022] [Benzing 1956, Nr. 225] [Ausst.-Kat. Karlsruhe 1959, S. 370] [Oldenbourg 1962, S. 122, Nr. 354] [Ausst.-Kat. Schlüchtern 1988, S. 127–129] [Ausst.-Kat. Karlsruhe 2019, Nr. 218] |
Hans Weiditz, Inventor*in | [Kaufmann 2019, S. 276] |
- Datierungen
- 1. Mai 1521
nach 14. November 1521
Datierungen
1. Mai 1521 | "Gesprächsbüchlein", [VD16 H 6342] |
nach November 1521, vermutlich 1522 | "Bruder Michael Stiefel von der Lehre Luthers", [VD16 S 9020] |
nach 14. November 1521 | "Postille oder die Auslegung der Epistel und Evangelien", [VD16 L 4550] |
1525 | "Bruder Michael Stiefel von der Lehre Luthers", [VD16 S 9021] |
- Maße
- Darstellung: 63 (+/-1) x 32 (+/-1) mm
Maße
Darstellung: 63 (+/-1) x 32 (+/-1) mm
[Thomas Klinke, KKL 2022]
- Signatur / Datierung
Keine
- CDA ID
- HBG_HII-156_272-1
- KKL-Nr.
- I.5D2, Teil der Bildnisgruppe I
- Permalink
- https://lucascranach.org/de/HBG_HII-156_272-1/