Katharina von Bora als Halbfigur nach links

Katharina von Bora als Halbfigur nach links

Titel

Katharina von Bora als Halbfigur nach links

[KKL 2022]

Malerei auf Buchenholz

Das Doppelbildnis des Kunstmuseums Bern gehört mit Werken in Berlin (IV.M21), Oldenburg (IV.M22) und Genf (IV.M23) zu einer Gruppe, die Luther und von Bora als Halb- bzw. Dreiviertelfigur zeigen und damit den Bildausschnitt gegenüber den anderen Vertretern der Gruppe IV deutlich erweitern.[1] Als Doppelporträt sind lediglich das vorliegende und das

Das Doppelbildnis des Kunstmuseums Bern gehört mit Werken in Berlin (IV.M21), Oldenburg (IV.M22) und Genf (IV.M23) zu einer Gruppe, die Luther und von Bora als Halb- bzw. Dreiviertelfigur zeigen und damit den Bildausschnitt gegenüber den anderen Vertretern der Gruppe IV deutlich erweitern.[1] Als Doppelporträt sind lediglich das vorliegende und das Berliner Exemplar erhalten. Luthers Darstellung erlangt durch seine den Bildraum ausfüllende Schaube eine gesteigerte Präsenz gegenüber dem Bildnis Katharinas. Die Tafeln zeigen die ab 1529 üblichen Bildinschriften, die die Dargestellten namentlich bezeichnen und mit programmatischen Bibelversen verknüpfen.[2]

Die beiden Bildnisse sind, wie für dieses Tafelformat[3] in der Cranach-Werkstatt üblich, aus drei horizontal ausgerichteten Brettern zusammengefügt und rückseitig nur grob mit dem Schropphobel geglättet.[4] Der mit ocker- und rotfarbigen Farbsprenkeln versehene dunkelbraune Rückseitenanstrich könnte entstehungszeitlich sein.[5]

Die malerische Qualität des Luther-Bildnisses erscheint durch nachfolgende Bearbeitungen und damit einhergehende Zustandsveränderungen heute stark beeinträchtigt. So ist etwa das Fehlen wesentlicher Details, wie Wimpern, Augenbrauen, Reflexlichter, sowie der für die Modellierung des Inkarnats wichtigen Lasuren auf Bereibungen der Oberfläche zurückzuführen, die auch ursächlich für zahlreiche Retuschen sein dürften.[6] Der bessere Erhaltungszustand des von Bora-Pendants lässt die ursprüngliche Qualität des Luther-Bildnisses erahnen.[7] Dessen ungeachtet weisen die beiden Bildnisse Merkmale auf, die sie als typische Werkstattarbeiten einordnen lassen.[8] Die in Größe und Linienverlauf übereinstimmenden Gesichtskonturen sowie die schematische Linienführung der Unterzeichnung lassen die Verwendung einer Pause vermuten.[9] Der hellblaue Hintergrund erscheint in einem gestupft wirkenden Pinselduktus, wie er auch bei wenigen weiteren Luther-Bildnissen auftritt.[10]

Daniel Görres, Wibke Ottweiler


[1] Das ebenfalls im größeren Bildausschnitt, aber in deutlich größerem Tafelformat gefertigte Augsburger Doppelbildnis (IV.M24.) zeigt Luther gemeinsam mit Johann Friedrich I. von Sachsen.

[2] Bei Luther leicht variiert mit „DML“ statt dem üblichen „ML“. Der Wahlspruch Luthers „IN SILENCIO ET SPE ERIT FORTITVDO VESTRA“ entstammt Jesaja 30,15 und wird bei Luther übersetzt als „Durch stille sein und hoffen würdet ir starck sein.“ (WAB 11/1, S. 96). Beim Bildnis Katharina von Boras heißt es: „SALVABITVR PER FILIORUM GENERACIONEM“ (1. Tim. 2,15) in der Übersetzung Luthers: „Sie wirt aber selig werden durch kinder geperen“ (WAB 7, S. 262); vgl. zu den Inschriften auch den Text zu Bildnisgruppe IV.

[3] Format C nach Heydenreich 2007a.

[4] Vgl. dazu IV.M21, IV.M22, IV.M23 oder auch [DE_smbGG_589] sowie Heydenreich 2007b, S. 72–73. Die Fugen wurden offensichtlich rückseitig und – dem charakteristischen Krakelee-Bild nach zu urteilen – auch vorderseitig kaschiert. Augenscheinlich könnte es sich bei dem Kaschierungsmaterial um mit Leim aufgebrachte Tiersehnen handeln, eine u. a. in der Cranach-Werkstatt gängige Technik (nachgewiesen u. a. bei [CH_MAS_A1950], vgl. dazu auch Ausst.-Kat. Düsseldorf 2017, S. 258).

[5] Die Farbsprenkel im Sinne einer Steinimitation treten in ähnlicher Form an den Rückseiten der Bildnisse [ES_MTB_109-1949-1] und [F_PPP_PTUCK4] auf, die Hans Cranach zugeschrieben sind. Im Zuge der Entfernung von ehemals auf die seitlichen Tafelränder aufgesetzten Vertikalleisten und der Ergänzung von über Brettfugen und Rissen aufgesetzten Querleisten ist der Rückseitenanstrich samt der ursprünglichen Faserkaschierung teilweise abgetragen worden.

[6] Die Maßnahmen sind nicht dokumentiert.

[7] Auffällig ist das kaum ausgeprägte Alterskrakelee beider Tafeln, das möglicherweise auf die verhältnismäßig dicke Grundierung zurückzuführen sein könnte.

[8] Dies gilt für die Holzauswahl und Tafelbearbeitung ebenso wie für die Malweise, die sich durch hohe Flächenkontraste der mit geringer Überlappung nebeneinander gesetzten Farbbereiche auszeichnet, bis hin zu Spezifika wie den schräg zur Form weich vertriebenen Binnenkonturen, den mit dem Spitzpinsel aufgesetzten Härchen in drei unterschiedlichen Brauntönen und die mit einer schlecht fließenden, hoch deckenden schwarzen Farbe aufgetragene Signatur.

[9] Die Überblendung der Infrarotreflektogramme mehrerer Exemplare dieser Bildnisgruppe ergibt eine sehr hohe Deckungsgleichheit der wesentlichen Binnenkonturen.

[10] Einen ähnlichen Pinselduktus weisen III.M11, IV.M6 und V.M2 auf. Bei den übrigen Tafeln wird mit dem aquarellartig wirkenden, teils lasierend, teils opak aufgetragenen Blau eine lebendigere Wirkung erzielt.

Quellen / Publikationen:

Schade 1999, S. 52–53.

Zuschreibung
Werkstatt Lucas Cranach der Ältere

Zuschreibung

Werkstatt Lucas Cranach der Ältere

[KKL 2022]

Datierung
1529

Datierung

1529

[Pendant datiert]

Maße
Maße Bildträger: ca. 54,3 cm x 37,8 cm (Maße im gerahmten Zustand nicht exakt feststellbar)

Maße

  • Maße Bildträger: ca. 54,3 cm x 37,8 cm (Maße im gerahmten Zustand nicht exakt feststellbar)

  • [KKL 2022]

Signatur / Datierung

Gegenstück signiert

Signatur / Datierung

  • Gegenstück signiert

  • [KKL 2022]

Inschriften und Beschriftungen
  • Vorderseite rechts oben:
    "K . VON . BORA || SALVABITVR PER FILIORVM GENERACIONEM"
    [KKL 2022] Rückseite:
  • Handschriftlich "1529" in …

Inschriften und Beschriftungen

Inschriften, Wappen:

    • Vorderseite rechts oben:
  • "K . VON . BORA || SALVABITVR PER FILIORVM GENERACIONEM"

  • [KKL 2022]

Stempel, Siegel, Beschriftungen:

  • Rückseite:

    • Handschriftlich "1529" in gelber Farbe mit Pinsel auf dem Rückseitenanstrich
    • Auf jüngerer Holzleise des Rahmens handschriftlich mit schwarzem Filzstift "CRANACH 593";
    • Auf linkem Rahmenschenkel Papieretikett mit Aufdruck "Karl Pfefferle I Kunstgewerbeliche Werkstätten I München 2 NW 5 I Telefon 25793 Türkenstraße [...]"
    • Auf oberem Rahmenschenkel Papieretikett mit Aufdruck "Kunstmuseum Bern Inv.: 593 II Künstler/Titel: Unbekannt: Werkstatt Lucas Cranach d. Ae. Bildnis Katharina Bora, 1529"
Eigentümer
Kunstmuseum Bern
Besitzer
Kunstmuseum Bern
Standort
Bern
CDA ID
CH_KMBe_593
FR (1978) Nr.
FR-none
KKL-Nr.
IV.M20b, Teil der Bildnisgruppe IV
Permalink
https://lucascranach.org/de/CH_KMBe_593/

Provenienz

1914 als Geschenk aus Berner Privatbesitz
[KKL 2022]

  • Katharina von Bora als Halbfigur nach links, 1529

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Kunsttechnologische Untersuchung

Datum2018 - 2021

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Bildträger

Buche (augenscheinlich). Drei querrechteckige Bretter mit horizontaler Faserausrichtung. Die obere Fuge heute rückseitig mit einer Querleiste aus Nadelholz gesichert, die untere (Abstand vom unteren Tafelrand: 10,3 - 10,5 cm) rückseitig kaschiert. [1] Die Tafelkanten sind umlaufend auf 4 - 5 mm Brettstärke gefast. Ein dunkler Rückseitenanstrich mit Farbsprenkeln in Rot und Hellgrau, bedeckt die Rückseite bis zu den Tafelkanten. Zur Aufbringung der (später ergänzten) Querleiste wurde der Rückseitenanstrich mit einem Hobel abgetragen. [2]

[1] Möglicherweise war die obere, heute mit einer Querleiste verdeckte Fuge ursprünglich ebenfalls mit einer Kaschierung gesichert. Ebenfalls kaschiert sind die Fugen vom Luther-Pendant. Augenscheinlich könnte es sich bei dem Kaschierungsmaterial um mit Leim aufgebrachte Tiersehnen handeln, eine u.a. in der Cranach-Werkstatt gängige Technik. Nachgewiesen u.a. bei [CH_MAS_A1950], https://lucascranach.org/documents/CH_MAS_A1950/10_Analysis/CH_MAS_A1950_FR-none_2020_Analysis-report-PMF.pdf. Vgl. dazu auch Exhib. Cat. Düsseldorf 2017, S. 258.

[2] In beiden seitlichen Randbereichen fehlt der Rückseitenstrich ebenfalls, hier finden sich Holzreste und die Spuren eines Zahnhobels. Vermutlich war die Tafel einst seitlich durch vertikale Holzleisten stabilisiert worden, die später mechanisch entfernt und durch die Querleisten ersetzt wurden.

Grundierung und Imprimitur

Weiße Grundierung. Da die Tafel zur Untersuchung nicht aus dem heutigen Zierrahmen ausgerahmt werden konnte, sind die Tafelränder hinsichtlich des Grundierungsauftrages nicht beurteilbar.

Optisch, auch unter Vergrößerung, zeigen sich keine Hinweise auf eine Imprimitur.

Unterzeichnung

Im Infrarotreflektogramm, aber auch mit bloßem Auge, zeichnet sich deutlich die feine Unterzeichnung der Gesichtskonturen ab. [1] Sowohl die Außen- als auch die Binnenkonturen sind mit gleichmäßig dünnem Strich angegeben. Die mit einem grau-schwarzen, wohl trockenen, Medium ausgeführte Zeichnung entspricht in hoher Übereinstimmung derer an weiteren Exemplaren dieses Darstellungstyps. [2]

Die hohe Übereinstimmung mit Unterzeichnungen an Vergleichswerken und die Stereotypie der Zeichnung deuten darauf hin, dass eine Pause zur Übertragung verwendet worden sein könnte.

[1] Die Sichtbarkeit der Unterzeichnung dürfte durch eine altersbedingte Transparenzerhöhung des Bleiweißanteils im Inkarnat verstärkt worden sein.

[2] Am Objekt durch Umzeichnung nachgewiesen bei [DE_KSVC_M418], [DE_MHB_1b], [DE_KBSB_B60].

Farbschichten und Metallauflagen

Die Maltechnik wurde nicht ausführlich untersucht, entspricht in den wesentlichen Charakteristika aber der des Luther-Bildnisses. [1]

[1] Im Rahmen des Forschungsprojektes "Kritischer Katalog der Luther-Bildnisse (1519 - 1530)" wurden bei Doppelbildnissen die jeweiligen Gegenstücke hinsichtlich übergreifender Charakteristika mit erfasst. Dabei fanden besonders solche Merkmale Beachtung, die Aussagen zur allgemeinen Herstellungspraxis der Bildnisserien erlauben oder die Befunde der Lutherbildnisse ergänzen beziehungsweise deren Kontextualisierung ermöglichen.

Rahmung

Neuer Rahmen.

[Untersuchungsbericht Wibke Ottweiler, KKL 2020]

Erhaltungszustand

Datum2018 - 2021

Insgesamt guter Erhaltungszustand.

Einst rückseitig aufgesetzte vertikale Leisten an den Seiten der Tafel sind entfernt worden. Zur Stabiliserung einer Brettfuge (?) wurde rückseitig eine Querleiste aufgeleimt. Wenige Ausfluglöcher in der Rückseite deuten auf einen geringen, inaktiven Anobienbefall hin. Der Rückseitenanstrich ist wohl erneuert.

Die Malschicht ist einmal quer gerissen; vermutlich direkt oberhalb einer Brettfuge, die sich durch Bewegungen des Holzes geöffnet hat. Die Oberfläche der Malerei ist relativ stark verputzt und umfangreich (besonders im Bereich des Querrisses) retuschiert. Der Firnis ist vermutlich erneuert.

  • untersucht von Wibke Ottweiler

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

Eintrag mit Autor
<Autorenname>, 'Katharina von Bora als Halbfigur nach links', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/CH_KMBe_593/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
Eintrag ohne Autor
'Katharina von Bora als Halbfigur nach links', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/CH_KMBe_593/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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