Neben den Bildnissen Luthers und von Boras im kleinen Rundformat produzierte die Cranach-Werkstatt ab 1525 auch Porträts des Ehepaars im größeren Hochrechteck vor grünem Grund (III.M7–III.M10). Während der nach unten erweiterte Bildausschnitt bei Luther den Blick auf das schwarze Gewand eröffnet, kommen bei von Bora auch die in den Schoß
Neben den Bildnissen Luthers und von Boras im kleinen Rundformat produzierte die Cranach-Werkstatt ab 1525 auch Porträts des Ehepaars im größeren Hochrechteck vor grünem Grund (III.M7–III.M10). Während der nach unten erweiterte Bildausschnitt bei Luther den Blick auf das schwarze Gewand eröffnet, kommen bei von Bora auch die in den Schoß gelegten Hände samt Ehering zur Darstellung.
Die Bildträger beider Tafeln bestehen aus je einem hochrechteckigen astfreien Buchenholzbrett mit vertikalem Faserverlauf. Die mittig maximal 1,0 cm dicken Bretter wurde rückseitig mit dem Schropphobel in vertikalen Zügen grob geglättet und umlaufend auf 5 mm Kantenstärke abgefast. Das Holz beider Tafeln entstammt demselben Buchenstamm, aus dem mindestens eine weitere auf 1526 zu datierende Gemäldetafel gefertigt wurde.[1] Der jüngste dendrochronologisch nachgewiesene Jahrring datiert auf das Jahr 1523, was bei einer zweijährigen Lagerungszeit des Holzes eine Fertigung der Gemälde ab 1525 möglich macht.[2]
Auf den hochaufgelösten Fotoaufnahmen lässt sich unter der weißen, stark blasigen Grundierung der Tafeln eine graue Ausgleichsschicht erahnen.[3] Dies stellt nicht nur unter den im KKL-Projekt untersuchten Gemäldetafeln eine Besonderheit dar.[4] Im Infrarotreflektogramm zeigt sich die schon mit bloßem Auge sichtbare Unterzeichnung der Gesichtszüge Luthers besonders deutlich.[5] Das gestrichelt wirkende Erscheinungsbild der gleichmäßig schmalen, dunklen Linien ist an mehreren Luther-Bildnissen der Bildnisgruppe IV nachweisbar,[6] erreicht hier aber eine besonders deutliche Ausprägung mit gepunktet wirkenden Abschnitten.[7] Die Gesichtszüge sind zudem deckungsgleich mit den Bildnissen in Bristol [UK_BMAG_1650] (III.M7) und aus Privatbesitz [PRIVATE_NONE-P015] (III.M9a), [PRIVATE_NONE-P407] (III.M10). Beide Merkmale sind Indizien für die Verwendung einer Pause zur Übertragung der Gesichter.
Die Bildnisse zeichnen sich durch eine sorgfältige und detaillierte malerische Umsetzung aus und wirken damit markanter als das im Jahr zuvor entstandene Bildnis in Bristol, welches weicher modelliert erscheint.[8] Der hellgrüne Hintergrund zeigt sich warmtoniger als beim Bristoler Gemälde, was auf eine aufliegende ockerfarbige Lasur zurückzuführen ist.[9]
Daniel Görres, Wibke Ottweiler
[1] Vgl. [DE_smbGG_567B]. Vgl. dazu auch die Auswertung der dendrochronologischen Befunde in Ottweiler, Wibke: Kunsttechnologische Beobachtungen an den frühen Luther-Gemälden aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. (in Vorbereitung).
[2] Vgl. Klein 05.03.1993a und ders. 05.03.1993b. Das Ergebnis stützt die Befunde an weiteren Buchentafeln aus der Cranach-Werkstatt, wonach die bis 1525 entstandenen Gemälde eine Trocknungs- und Lagerdauer von 2–3 Jahren aufweisen. Vgl. dazu die Querauswertung der dendrochronologischen Befunde in Ottweiler, Wibke: Kunsttechnologische Beobachtungen an den frühen Luther-Gemälden aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. (in Vorbereitung).
[3] Auf der hochaufgelösten Gesamtaufnahme ist besonders am linken Rand in mehreren Abschnitten eine graue Schicht zu erkennen. Die Beobachtung wurde durch die Kolleginnen und Kollegen im Nationalmuseum Stockholm am Objekt überprüft und bestätigt. Eine Probe zur Verifizierung am Querschliff wurde nicht entnommen (vgl. dazu auch den kunsttechnologischen Untersuchungsbericht im Cranach Digital Archive: https://lucascranach.org/de/SE_NMS_5016.
[4] Für die Cranach-Werkstatt sind zweischichtige Grundierungen mit einer zuunterst liegenden grauen Schicht bislang nicht bekannt.
[5] Dank gebührt den Kolleginnen und Kollegen des Nationalmuseum Stockholm, die eigens für den KKL aktuelle Aufnahmen anfertigten.
[6] IV.M2a–IV.M4a; IV.M12a; IV.M14a; IV.M15.
[7] Bemerkenswerterweise ist für das Bora-Bildnis keine Unterzeichnung nachweisbar, was ebenfalls eine Ausnahme unter allen im Rahmen des KKL-Projekts untersuchten Exemplaren darstellt.
[8] In welchem Maß diese heute feststellbaren Abweichungen auch durch den unterschiedlichen Zustand der Bildnisse in Stockholm und Bristol beeinflusst sind, lässt sich nicht abschließend beurteilen; vgl. dazu auch die Angaben zum Erhaltungszustand des [Bristoler Bildnisses].
[9] Ob die Lasur entstehungszeitlich ist, lässt sich ohne Probenentnahme nicht eindeutig feststellen. Eine optisch sehr ähnliche Lasur wurde auch beim Weimarer “Junker Jörg”-Bildnis (II.M2) auf dem Grün des Hintergrunds festgestellt.
Quellen/Publikationen:
Friedländer / Rosenberg 1932, Nr. 160d; Ausst.-Kat. Stockholm 1966, Nr. 1285; Friedländer / Rosenberg 1979, Nr. 189B; Ausst.-Kat. Stockholm 1988, Nr. 33; Ausst.-Kat. Gotha 1994, Nr. 50; Klein 1994, S. 196, 199, 200.