Bernauer Retabel [linker Wandelflügel]: Szenen aus dem Marienleben [Innenseite], Heiligenlegenden [Außenseite]

Bernauer Retabel [linker Wandelflügel]: Szenen aus dem Marienleben [Innenseite], Heiligenlegenden [Außenseite]

Titel

Bernauer Retabel [linker Wandelflügel]: Szenen aus dem Marienleben [Innenseite], Heiligenlegenden [Außenseite]

[cda 2016]

Malerei auf Holz

Material / Technik

Malerei auf Holz

[cda 2016]

Recto:

Die Szenen des Marienlebens auf dem linken Altarflügel beginnen mit der Geschichte von Anna und Joachim, den Eltern der Maria, die in der Bibel gar nicht genannt sind. Nach den Berichten in den Apokryphen [..] lebte der fromme Joachim, Besitzer einer großen Herde, in zwanzigjähriger kinderloser Ehe mit Anna

Recto:

Die Szenen des Marienlebens auf dem linken Altarflügel beginnen mit der Geschichte von Anna und Joachim, den Eltern der Maria, die in der Bibel gar nicht genannt sind. Nach den Berichten in den Apokryphen [..] lebte der fromme Joachim, Besitzer einer großen Herde, in zwanzigjähriger kinderloser Ehe mit Anna in Jerusalem. Durch einen Engel wurde ihnen beiden die Geburt eines Kindes verkündet. Joachim erschien er, als er sich vierzig Tage bei den Hirten seiner Herde auf dem Feld aufhielt, Anna erreichte die frohe Botschaft zur gleichen Zeit in der Stadt. Als beide daraufhin einander zueilten, begegneten sie sich an der "Goldenen Pforte" von Jerusalem, dem Osttor des Tempels, das nach der Prophezeiung so lange geschlossen bleibt, bis der Messias einziehen wird. Das dort vor Freude sich umarmende Paar zeigt die Tafel des Bernauer Altares. Anna trägt einen roten Mantel und das Kopf und Schultern verhüllende weiße Tuch der verheirateten Frau. Joachim ist durch das Barett und die auffallenden Schnallenschuhe als wohlhabender Mann gekennzeichnet. Über dem grünen Rock trägt er einen schwarzen Umhang, von dem ein Zipfel in der Luft flattert [..]. Den Rahmen für das Paar bildet der Rundbogen des Tores. Vor dem hellgrauen Quaderwerk der Mauern heben sich die bunten Gewänder der Figuren ab. Hinter der Mauer sieht man [..] einen konventionellen neutralen Goldgrund, der auf allen Tafeln der Marien- und Christusgeschichte erscheint.

Auch über die Geburt der Maria berichtet das Neue Testament nichts. Wieder sind apokryphe Texte die Quelle [..]. Nach dem Protoevangelium des Jakobus 5,2 erfüllte sich die Weissagung des Engels. Anna gebar im neunten Monat ein Mädchen, dem sie den Namen Maria gab. [..]Im Bemühen um eine perspektivische Raumtiefe rückt er das Bett mit der Wöchnerin klein in den Hintergrund. Anna sieht man bekleidet unter der roten Decke, ihr Nimbus liegt wie eine Scheibe auf den prallen weißen, mit roten Quasten geschmückten Kopfpolstern. Eine junge Frau reicht ihr eine Schale mit Kirschen zur Stärkung. Die gerafften grünen Bettvorhänge bilden den dekorativen Rahmen für diese Gruppe. Im Vordergrund ist eine Frau [...] gekleidet in bürgerlicher Tracht mit Haube und schwarzem Kragen über dem roten Gewand, mit dem Waschen des Kindes beschäftigt, es liegt auf einer großen, quer in den Raum gestellten Truhe. Sie gießt aus einer Doppelkanne Wasser auf das [...] Kind. Ein großer grauer Krug nimmt allein den Raum im Vordergrund über dem Fliesenfußboden ein.

Nach dem Bericht im apokryphen Protoevangelium 4, I hatte Anna in ihren Gebeten um ein Kind gelobt, bei Erfüllung der Bitte dieses Kind Gott darzubringen, damit es ihm ein Leben lang diene. So wurde die dreijährige, nach anderen Berichten die sieben- oder elfjährige Maria von ihren Eltern in den Tempel gebracht, damit sie im Heiligtum Gottes, im Kreise anderer Jungfrauen, erzogen werde und dem Herrn diene. Auf diesem Bild sind die Eltern in Begleitung eines Mannes an die überdachte Tempeltreppe gelangt, Anna wiederum mit dem roten Gewand bekleidet und Joachim mit ehrfurchtsvoll gezogenem Hut. Die kleine Maria steigt betend allein die Stufen empor, wo sie an der Tür des Tempels vom Hohenpriester mit einem Tempeldiener empfangen wird. Im Inneren erblickt man auf dem Altar ein großes aufgeschlagenes Buch mit hebräischen Schriftzeichen.

Das Leben in der Tempelschule wird im nächsten Bild mit zwei jungen Frauen bei der Handarbeit geschildert. Die nun erwachsene Maria im roten Kleid, mit dem Heiligenschein ausgezeichnet und durch die Größe hervorgehoben, hantiert mit einer Garnrolle. Ihr gegenüber sitzt ein junges Mädchen im grünen Kleid an einem Hochwebstuhl und ist mit dem Weben einer gemusterten Borte beschäftigt. [Auch] Cranach benutzte 1510/12 das Motiv auf einem Gemälde mit der Heilige Familie [DE_AGGD_8]. Der Maler der Bernauer Tafel übernahm von dort offensichtlich die Komposition, nur die Größenverhältnisse und die Gewandung der Frauen veränderte er entsprechend seinem eigenen Bildinhalt.

Die Legenden sind im folgenden Bild die Grundlage der Darstellung. Maria hatte als Tempeljungfrau Keuschheit gelobt. Auf die Weisung des Engels versammelt der Hohepriester die Witwer des Volkes. Mit elf anderen Freiern bewarb sich auch Joseph von Nazareth um Maria. Da nur sein Stab unter den zwölf im Tempel abgegebenen grünte, galt er als der von Gott Erwählte und wurde der Maria verlobt. Die Eheschließung, die auf der Bernauer Tafel dargestellt wird, zeigt einen Priester, der die Hände Mariens und Josephs ineinanderlegt.

Das Lukasevangelium schildert den Besuch des Erzengels Gabriel bei Maria in Nazareth. Er verkündet ihr die Geburt eines Sohnes. Seine Begrüßungsworte "Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir" sind in lateinischer Sprache "Ave Maria gratia plena dominus tecum" auf dem geringelten Spruchband zu lesen, das sich um sein Zepter rollt. Gabriel ist von links eingetreten und kniet vor Maria nieder. Er ist mit einem leuchtend gelben Untergewand bekleidet, über dem er eine grüne, mit roten Fransen verzierte Dalmatika trägt. Die Taube des Heiligen Geistes schwebt über Maria, die an einem hölzernen Lesepult mit aufgeschlagenem Buch betet. Ihr schwarz-blauer Mantel fällt wie eine Draperie über das Pult. Der Maler hat sicherlich das Motiv aus dem Holzschnitt des Marienlebens von Dürer übernommen.

Der Besuch der schwangeren Maria bei ihrer Base Elizabeth, die als ältere Frau noch ein Kind erwartet, den späteren Johannes den Täufer, ist in der Begegnung der beiden Frauen gezeigt. Im Lukasevangelium I, 39-56 heißt es: "Maria ging auf das Gebirge eilends zu der Stadt Juda und kam in das Haus des Zacharias und grüßte Elisabeth." [...] Die Szene wird stets im Freien dargestellt [...]: Grüne Bäume rechts und links und dazwischen auf hohem Felsen eine Burg, davor der Weg, den Maria gekommen ist. Maria, deren langes, offenes Haar aus dem Kopftuch gezogen ist, reicht der Älteren die Hand, die andere Hand haben sie beide auf ihren gesegneten Leib gelegt.

Das Ereignis im Stall zu Bethlehem ist eines der häufigsten Themen in der Kunst, das vielfältige Varianten erfuhr. [...] Dargestellt ist ein kahler Raum mit großen Fensteröffnungen, darüber die offenen Sparren eines hölzernen Dachstuhles, auf dessen Dach nur noch wenige Ziegel liegen. Beherrschend im Bild kniet die Mutter vor ihrem Kind, das auf einem Zipfel ihres weiten Mantels gebettet ist. Im Hintergrund kniet Joseph, das Licht der Kerze, das die "Heilige Nacht" erhellt, vor der Zugluft schützend.

[Sachs 1989, 45-48]

Verso:

[Auf] fast quadratischen Tafeln [...] wird meist nur ein Heiliger durch ein Ereignis seines Lebens oder seines Martyriums vorgestellt: [...] Der heilige Christophorus; Martyrium des heiligen Sebastian; Der heilige Eustachius; Der heilige Blasius; Der Erzengel Michael mit der Seelenwaage; Der Drachenkampf des heiligen Georg; Die Vierzehn Nothelfer; Der heilige Nikolaus.

Der Riese mit dem Christuskind auf der Schulter war der beliebteste der Vierzehn Nothelfer. Man glaubte, allein das Betrachten seines Bildes schütze schon vor Unheil und plötzlichem Tod, Martin Luther äußerte in seinen Predigten über die Zehn Gebote, dass dieser Nothelfer so viel Ansehen besitze, dass ihm kein Apostel vergleichbar sei. Deshalbermahnte er die Christen, rechte 'Christoffel' zu sein. Die Legende berichtet von dem Riesen Reprobus oder Offerus, der nur dem mächtigsten Herrn dienen wollte. Nachdem er zunächst bei einem König, dann sogar dem Teufel diente, begann er auf den Rat eines Einsiedlers hin Pilger bei ihrem Reiseweg durch einen breiten und tiefen Fluss zu tragen. Eines Tages trug er ein Kind, dessen Last ihm immer schwerer wurde und das sich schließlich als Weltenherrscher zu erkennen gab, indem es das Wunder vollbrachte, den dürren Stab des Riesen grünen zu lassen. Durch dieses Wunder bekehrt, ließ sich der Riese auf den Namen Christophorus (Christusträger) taufen. [...] In Haltung und Kostüm zeigt der Heilige eine weitgehende Übereinstimmung mit einem Gemälde, das der Werkstatt von Lucas Cranach d. Ä. zugeschrieben wird.

Die 2. Legende erzählt von dem römischen Offizier und Anführer der kaiserlichen Laibwache, der 'sein ritterliches Kleid allein darum trug, dass er mit seinen Worten die Christen stärke, wenn sie in der Pein verzagen wollten, die man ihnen antat'. Als er deshalb bei Kaiser Diokletian, der als Christenverfolger bekannt wurde, angeklagt wurde, gebot dieser seinen Kriegsknechten, den Offizier nackt auf freiem Felde anzubinden und mit Pfeilen zu töten. Dieses erste seiner Martyrien überstand Sebastian lebend und wurde daher als Nothelfer gegen die seit der Mitte des 14. Jahrhunderts immer wieder in Europa grassierende Pest angerufen. Denn die Pfeilwunden bedeckter Körper galten nach Psalm 7, 13 als ein Symbol plötzlicher Krankheit, und sein von Pfeilwunden bedeckter Kopf glich dem der Pestkranken. [...] Immer, so auch auf der Bernauer Tafel, sieht man den unbekleideten Jüngling an einen Baum gebunden und vor ihm die zielenden Bogenschützen.

3. Legende: Einem Offizier des römischen Kaisers Trajan soll auf der Jagd ein Hirsch erschienen sein, in dessen Geweih sich der gekreuzigte Christus im Strahlenkranz befand. Durch diese Erscheinung bekehrt, ließ Eustachius sich und seine Familie taufen. Er erlitt harte, ihm von Christus prophezeite Prüfungen und wurde unter Hadrian wegen seines Glaubens verbrannt. Der Jagdlegende des als Nothelfer verehrten Heiligen ist auf der Bernauer Tafel in ein zeitgenössisches Milieu versetzt. Ein junger Ritter in Renaissancetracht ist vom Pferd gestiegen und kniet vor dem Hirsch, in dessen Geweih der Kruzifixus erscheint, betend nieder.

4. Legende: In der Legenda aurea wird berichtet, dass der junge sanftmütige Bischof der Stadt Sebaste vor den diokletianischen Verfolgungen in eine Höhle floh, wo er als Einsiedler lebte. Als Ritter bei der Jagd auf ihn stießen, folgte er ihnen, predigte und vollbrachte vor ihren Augen Wunder. Diese Szene, wie der junge Bischof in seinem Ornat mit einer Kerze in der Hand einer Gruppe modisch gekleideter Jünglinge folgt, hat der Maler des Bernauer Altares hier gewählt. Im Hintergrund ein hoher, mit einem Baum bewachsener Berg. Die Kerze, die zu dem Attribut des heiligen Blasius wurde, geht auf eine andere Episode aus seinem Leben zurück. Eine Witwe soll ihm während seiner Kerkerhaft die Kerze gebracht haben.

5. Bild: Als Drachenbezwinger schwingt Michael das Schwert, als Seelenwäger ist er auf Bildern des Jüngsten Gerichts dargestellt. Das Motiv ist biblisch nicht belegt. Meist sieht man, wie auf seiner Waage die Auferstandenen mit ihren Taten konfrontiert oder ihre guten und schlechten Handlungen gegeneinander abgewogen werden. Auf dieser Tafel sind die Seelen als nackte Gestalten in der einen Waagschale vereint. Doch die Waage senkt sich zugunsten der anderen Seite, in deren Waagschale teuflische Tiere hocken, von denen eines herausgefallen ist und vom Schwert des Erzengels bedroht wird.

6. Legende: Der christliche Soldat, der im Jahre 303 unter Kaiser Diokletian enthauptet wurde, galt als Erzmärtyrer und wurde im Mittelalter als einer der Vierzehn Nothelfer verehrt. Zum volkstümlichsten Heiligen im west- und in ostkirchlichen Bereich machte Georg die Legende, die seinen Lebensbericht mit der mythischen Gestalt des Drachenbezwingers verschmolz, der eine schöne Prinzessin von dem Ungeheuer befreite. [...] das Bild des Bernauer Altares zeigt den Reiterheiligen in der zeitgenössischen Rüstung. Unter den Hufen seines Pferdes krümmt sich das schon bezwungene Ungheuer. Im Hintergrund kniet die Jungfrau, der hier, wie auf einem Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä. von 1512, ein Lamm zugeordnet ist.

7. Bild: Das Christuskind mit der Weltkugel und mit dem Kreuz als Zeichen seiner Weltherrschaft ist von vierzehn Kindern mit Kerzen umgeben. Die Gruppe steht vor einem Schäfer mit seiner Herde und ist dadurch als Legende der Nothelfer zu erkennen. Es sind vierzehn Heilige, die Gott vor ihrem Märtyrertod gebeten haben, demjenigen Hilfe zu gewähren, der in ihrem Namen eine Bitte aussprach. Diese Nothelfer sollen 1445/46 dem Schäfer des Klosters Langheim in Oberfranken erschienen sein, der daraufhin an der Stelle der Vision, an seinem Weidegrund, eine Kapelle errichten ließ, die später zur Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen ausgebaut worden sein soll.

8. Legende: Der Bischof Nikolaus von Myra wirft, auf einem Schiff stehend, einen Anker aus. Seine Legende, reich an Wundertaten, berichtet auch von der Rettung eines in Seenot geratenen Schiffes. Auf diese Erzählung wird in der Bernauer Tafel Bezug genommen. Aus diesem Grunde wurde Nikolaus zum Patron der Schiffer und Fischer, und seine Verehrung verbreitete sich vor allem im Bereich der Hanse und in den norddeutschen Städten, wo in der Regel auch die ältesten Pfarrkirchen seinen Namen tragen. [Sachs 1989, 81, 99-102]

Zuschreibungen
Nachfolger von Lucas Cranach dem Älteren
Unbekannter Meister der Cranach-Werkstatt

Zuschreibungen

Nachfolger von Lucas Cranach dem Älteren

[Sachs 1989]

Unbekannter Meister der Cranach-Werkstatt

"unbekannter, ehemaliger Mitarbeiter der Cranach-Werkstatt"
[Heydenreich, cda 2016]

Datierung
um 1515-1519

Datierung

um 1515-1519

[cda 2017]

Maße
Maße oberer Bildträger: 130,5 x 115,5 cm

Maße

  • Maße oberer Bildträger: 130,5 x 115,5 cm

  • Maße unterer Bildträger: 130,4 x 115,5 cm

  • Maße mit Rahmen: 280,7 x 130,1 cm

  • [Heydenreich, cda 2016]

Signatur / Datierung

keine

Eigentümer
St. Marien zu Bernau
Besitzer
St. Marien zu Bernau
Standort
Bernau bei Berlin
CDA ID
DE_StMB_NONE-001c
FR (1978) Nr.
FR-none
Permalink
https://lucascranach.org/de/DE_StMB_NONE-001c/

Provenienz

  • Hochaltar in St. Marien zu Bernau
  • 1942 war der Altar auseinandergenommen worden (wegen Anobienbefall) [...] und gelagert im Keller des Bode-Museums; zunächst in den Kriegswirren des zweiten Weltkrieges verschollen
  • 1946/47 tauchte auf dem Boden einer Berliner Schule wieder auf
  • am 29.12.1957 fand die Weihe des wieder in der Marienkirche Bernau errichteten Retabels statt
    [Sachs 1989, 15]

Quellen / Publikationen

Erwähnt auf Seite Katalognummer Tafel
Knüvener 2011
Autor/inPeter Knüvener
TitelDie spätmittelalterliche Skulptur und Malerei in der Mark Brandenburg
BandBd. 14
ZeitschriftForschungen und Beiträge zur Denkmalpflege im Land Brandenburg
Ort der VeröffentlichungWorms
Jahr der Veröffentlichung2011
Seiten221-229
Sachs 1989
Autor/inHannelore Sachs
TitelDer Flügelaltar von St. Marien zu Bernau
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1989
Schade 1974
Autor/inWerner Schade
TitelDie Malerfamilie Cranach
Ort der VeröffentlichungDresden
Jahr der Veröffentlichung1974
Link http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/schade1974
Braunsdorf 1958
Autor/inIngeburg Braunsdorf
TitelDer Hochaltar von St. Marien in Bernau
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1958
Jerchel 1939
Autor/inHeinrich Jerchel
Herausgeber/inBrandenburgische Provinzialverbande
TitelDie Kunstdenkmäler des Kreises Niederbarnim
ReiheDie Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg
Band3, 4
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1939
Kugler 1830
Autor/inFranz Kugler
TitelDenkmäler der bildenden Kunst des Mittelalters in den preußischen Staaten
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1830

Forschungsgeschichte / Diskussion

"Im folgenden wird ein noch wenig bekanntes Beispiel der Altarkunst vorgestellt, das mit seinen 39 Schnitzfiguren und 68 Bildtafeln eine Gesamthöhe von 8 Metern und eine Breitenausdehnung von mehr als 5 Metern einnimmt und der größte Schnitzaltar in der als Kunstlandschaft kaum bekannten Mark Brandenburg ist. [...]

[Sachs 1989, 7]

Nach dem Schließen der Innenflügel wird eine große Schauwand aus 32 Tafelbildern sichtbar, die in vielfältiger Farbigkeit auf Goldhintergründen gemalt sind. Das Leben Christi ist in den jeweils nur aus wenigen Figuren bestehenden Szenen ausgebreitet. An zentraler Stelle auf den mittleren Tafeln, den beiden Flügel-Rückseiten, die den Schrein verschließen und dadurch um Schreintiefe hervorgezogen sind, ist die Passion geschildert. Die ihr vorangehenden Ereignisse sind auf den Außenflügeln links und rechts verteilt.

Nach Schließung des zweiten Flügelpaares erscheint am Bernauer Altar nochmals eine Bilderwand aus fast quadratischen Tafeln, deren Malereien noch bunter wirken, da auf diesen Darstellungen der mittelalterliche Goldgrund ganz verschwunden ist. In real gesehenen Landschaften wird meist nur ein Heiliger durch ein Ereignis seines Lebens oder seines Martyriums vorgestellt. Zählt man die vier ständig sichtbaren Bilder der Nikolauslegende in der Predella und die Schnitzfiguren im Schrein und im Gesprenge dazu, so umfasst der dritte Themenkreis des Retabels die meisten Motive. Der Heiligenkult, erwachsen aus dem Glauben an die Mittlerschaft der Heiligen zwischen Gott und den Menschen, hatte wie der Marienkult im späten Mittelalter eine enorme Ausbreitung erfahren.[...] Schriftquellen aus den Zeiten der römischen Christenverfolgungen bildeten die Grundlage für die Heiligenlegenden, die im Laufe der Jahrhunderte durch die volkstümliche Dichtung übernommen wurden, oft bereichert durch Motive aus dem heidnischen Götterglauben, aus dem Brauchtum und aus der klassischen oder orientalischen Mythologie.

[Sachs 1989, 81-99]

Die Datierung des Bernauer Altars wird mit der Fertigstellung des Chorneubaus der Marienkirche 1519 in Zusammenhang gebracht,(Fußnote 1289) ein denkbares, wenngleich etwas spät anmutendes Datum. Auch im Hinblick auf die nahezu fehlende Rezeption der Cranachgrafik wäre eine frühere Entstehung denkbar.

[Knüvener 2011, 227]

  • Bernauer Retabel [linker Wandelflügel]: Szenen aus dem Marienleben [Innenseite], Heiligenlegenden [Außenseite], um 1515-1519

Abbildungen

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Kunsttechnologische Untersuchung

02. 2016Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

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Unterzeichnung

Begegnung an der goldenen Pforte (kein IRR vorhanden)

Die Geburt der Maria

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges, schwarzes Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- relativ detailreiche und freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien

- gelegentlich Schraffuren

Funktion:

- relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; gelegentlich plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen (z. B. das Schloss an der Truhe wurde nicht ausgeführt).

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Maria wird in den Tempel gebracht

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges, schwarzes Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- relativ detailreiche und freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien

- gelegentlich Schraffuren

Funktion:

- relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; gelegentlich plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen (z. B. Kopfgröße der Maria)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Das Leben in der Tempelschule

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- schwarzes Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- relativ detailreiche und freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien (z. T. abperlend)

Funktion:

- relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Die Eheschließung (kein IRR vorhanden)

Die Verkündigung

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel; eventuell Erstanlage mit einem verdünnten Medium

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien (z. T. abperlend)

- Schraffuren

Funktion:

- relativ bis verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen (z. B. im Kopf des Engels)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Der Begegnung Maria und Elizabeth

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien

Funktion:

- relativ bis verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen (z. B. bei der Positionierung der Füße und in den Gesichtern)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Die Geburt

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien

Funktion:

- relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen (z. B. bei dem Arm des Christuskindes, in den Gesichtern)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Verso:

Der heilige Christophorus (kein IRR vorhanden)

Martyrium des heiligen Sebastian

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien

Funktion:

- relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; kleine Änderungen (z. B. im Hintergrund zwischen den Bogenschützen auf der linken Seite und dem Heiligen; am Bogen des Schützen auf der rechten Seite)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Der heilige Eustachius

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel (?)

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung (wo sichtbar)

- dünne Linien

Funktion:

- verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses (in diesen seltenen Fällen sind die Linien sichtbar)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Der heilige Blasius

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel (?)

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung (wo sichtbar)

- dünne Linien

Funktion:

- verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses (in diesen seltenen Fällen sind die Linien sichtbar)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Der Erzengel Michael mit der Seelenwaage (kein IRR vorhanden)

Der Drachenkampf des heiligen Georg

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel; z. T. auch mit trockenem Zeichenmedium, Stift, als Erstanlage (?)

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung nach einer Vorlage

- dünne Linien

Funktion:

-nur relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Binnenformen und Gesichtszüge sind angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses; viele kleine Änderungen (z. B. Beine und Zaumzeug des Pferdes; Kopf des Drachens)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Die Vierzehn Nothelfer

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel (?)

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung (wo sichtbar)

- dünne Linien

Funktion:

- verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen angegeben; keine plastische Gestaltung mit Schraffuren

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses (in diesen seltenen Fällen sind die Linien sichtbar)

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- nicht möglich (wohl nicht Cranachwerkstatt)

Der heilige Nikolaus

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges Zeichenmedium, Pinsel (?)

[Sandner, Heydenreich, Smith-Contini, cda 2017]

  • fotografiert von Ingo Sandner
  • fotografiert von Gunnar Heydenreich

Erhaltungszustand

Datum1989

Die Maße des Schreins betragen 285x260 cm, die der Seitenflügel 285x130 cm; die im Schrein sich befindenden Schnitzfiguren sind 60-65 cm hoch. Die auf Holz gemalten Bildfelder haben ein hochrechteckiges Format von 55x65 cm und werden von 2 cm breiten Streifen gerahmt, die bei den Passionsszenen ein gemaltes Ornament aufweisen. Die vier Bilder der Predella haben eine Größe von jeweils 55x70cm. Die ursprüngliche Polychromie des Schreines ist überwiegend original erhalten. Die Holzsubstanz weist allerdings zahlreiche Ausbrüche in den Ornamenten auf, den Figuren fehlen vielfach die Attribute, an den Gewändern ist der durch Holznägel und Rosetten imitierte Edelsteinschmuck an den Säumen nur noch in Resten vorhanden. Die am Mittelbaldachin des Gesprenges befindlichen zwei Wappenschilde sind heute leer.

[Sachs 1989,15]

  • verfasst von Hannelore Sachs

Restaurierungsgeschichte

Datum1950 - 1957

Anobienbefall

Restauriert c. 1950 - 1957 von Dr. Härtzsch in Berlin. Die Angaben sind in der Dipolmarbeit von Ingeburg Braunsdorf zum Bernauer Altar entnommen, Berlin Humboldt-Universität 1958 (Maschinenschrift)

[Sachs 1989, 15]

  • restauriert von Härtzsch

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

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<Autorenname>, 'Bernauer Retabel [linker Wandelflügel]: Szenen aus dem Marienleben [Innenseite], Heiligenlegenden [Außenseite]', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/DE_StMB_NONE-001c/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
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'Bernauer Retabel [linker Wandelflügel]: Szenen aus dem Marienleben [Innenseite], Heiligenlegenden [Außenseite]', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/DE_StMB_NONE-001c/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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