Bildnis des Johannes Cuspinian

Holzartbestimmung mittels Mikroskopische Querschnittuntersuchung:

Holzart: Fichtenholz (Picea spec.)

Probenentnahme durch Heydenreich 1995

[Brief in der Archiv der Sammlung Oskar Reinhart 'am Römerholz', Winterthur]

[Alte Katalogangabe bei Frehner: Lindenholz]

Bildträger ist ein breites Fichtenholzseitenbrett (60,3 x 45,4 cm; Seitenverhältnis ca. 4:3) mit vertikalem Faserverlauf. Ein Astansatz ist nahe dem unteren Tafelrand links der Mitte erhalten. Aus dem im Röntgenbild sichtbaren Jahrringverlauf ist zu folgern, dass beide Tafeln des Diptychons ursprünglich aus einem Brett gewonnen wurden: Dabei schließt sich der obere Rand der Tafel mit dem Bildnis der Anna Cuspinian direkt an den unteren Rand der Tafel mit dem Bildnis des Johannes an. Im Bereich links neben der Kopfbedeckung wird im Röntgenbild eine partielle Beklebung des Holzes mit Fasern (Werg) sichtbar.

Die Rückseite wurde mit einem Schropphobel in Faserlängsrichtung geglättet. Der Tafelrand ist umlaufend auf der Rückseite geringfügig abgeschrägt. Eventuell wurde die Tafel am linken Bildrand um 2 - 3 mm beschnitten.

Die Bildseite ist weiß grundiert. Augenscheinlich handelt es sich um einen Leim-Kreidegrund (analytisch wurde auf dem Bildnis der Anna Cuspinian Calcium (EDX) nachgewiesen). Im Röntgenbild werden links neben dem Kopf helle Kratzer sichtbar, bei denen es sich um Schleifspuren handeln dürfte. Umlaufend ist ein Grundiergrat im Abstand von ca. 0,5 cm zum Tafelrand erhalten (links nur 0,3 - 0,2 cm). Holzreste kleben auf der nicht grundierten Holzoberfläche am Grundiergrat. Die Größe der grundierten Fläche beträgt 59,1 x 44,5 - 44,8 cm. Am Rand sind keine Ritzungen erkennbar. Der Grundiergrat ist umlaufend mit schwarzer Farbe abgedeckt. Auf der Rückseite gibt es eine sehr dünne weiße Grundierung.

Eine pigmentierte Imprimitur ist nicht nachweisbar.

Schwarzes flüssiges Zeichenmedium, Ausführung vermutlich mit Pinsel. Im Normallicht u.a. im Bereich der Oberlippe erkennbar. Partiell in einzelne Farbinseln aufgelöste Linien, möglicherweise durch das 'Abperlen' einer wässrigen Tusche auf einer ölhaltigen Isolierschicht verursacht.

[IR-Reflektografie (Konrad, Berlin)]

Metallauflagen:

Stern und die Ringe sind mit goldfarbenem Blattmetall (augenscheinlich Blattgold) gestaltet (Mattvergoldung). Die Strahlen des Sterns wurden mit Blaupigment auf dem Blattmetall ausgeformt und dann mit Gelb verlängert.

Farbschichten:

Das Inkarnat ist mit heller Fleischfarbe untermalt. Dabei erfolgte der erste Farbauftrag relativ flächig und überwiegend in vertikaler Richtung. Die nachfolgende Modellierung der Gesichtsformen erfolgte mit farbigen Lasuren und helleren Bleiweißausmischungen. Während es sich bei den rosa Tönen um deckende Mischungen von Rot und Weiß handelt, erscheinen die braunen Töne eher transparent. In Schattenbereichen lassen sich geringe Anteile blauer Pigmente erkennen.

Im Röntgenbild erscheint das Gesicht flüssig gemalt und mit einem relativ schwach ausgeprägten Absorptionsrelief (ein scheinbares Relief, welches durch die unterschiedlich starke Absorption der Röntgenstrahlen in Abhängigkeit von Pigmenten und Schichtstärken entsteht). Auf Stirn, Jochbein und Nasenflügeln gibt es stärkere Lichter zur Klärung von Gesichtsformen und Beleuchtung. Die Augäpfel sind blau weiß, die Iris blau und die Pupillen schwarz ohne Reflexlichter gemalt. Unterlider sind in rötlichen Tönen modelliert, Oberlider bräunlich bis schwarz verschattet. Die Lippen sind mit rosa Farbe ausgeformt und die Trennlinie zwischen Ober- und Unterlippe ist braun gezeichnet.

Der Himmel wurde mit einer violett-grauen Farbmischung untermalt (auf dem Bildnis der Anna Cuspinian als Fluorit und Bleiweiß (EDX) identifiziert. Die graue Untermalung ist zum Horizont zu Weiß aufgehellt.

Der schwarze Brokatstoff des Gewandes enthält azuritblaue Pigmente (mikroskop. Oberflächenuntersuchung). In den helleren Brokatmustern ist neben Blaupigment augenscheinlich auch roter Farblack enthalten.

Die Kopfbedeckung erscheint rot untermalt und nachfolgend durch unterschiedlich starken Auftrag von rotem Farblack - teilweise mit Schwarz - modelliert. Hier sind Frühschwundrisse erkennbar.

Der Bucheinband wurde leuchtend rot untermalt und dann grau überlasiert. Das Muster ist z.T. in die Farbe geritzt. Am Baumstamm (links im Hintergrund) drückte Cranach seine Finger in die frische Farbe, um diese zu strukturieren und vermutlich, um Baumrinde zu imitieren.

[siehe 1995 CA10 (Dr Gunnar Heydenreich)]

Farbquerschliffe; Auflichtmikroskop; UV-Fluoreszenz:

Probenliste: 86

Querschliff-Nr.: 184

Farbkurzbeschreibung: weiße Farbe, Wappenmalerei

Entnahmeort: Rückseite, weiße Farbe

Auflichtmikroskop: ja

Auflichtmikroskop_Foto:Dia

UV_Fluoreszenz: ja

UV_Fluoreszenz_Foto: nein

EDX: nein

Beobachtungsergebnisse:

2. sehr dünne weiße Schicht - Farbschicht

1. dünne weiße Schicht - Grundierung

0. Holz

Kommentar: Weiße Farbe über dünner Grundierung mit Holz

[siehe 06.09.1995 CA10 (Dr. Gunnar Heydenreich)]

BESCHREIBUNG

Zeichengeräte/Material:

- flüssiges, schwarzes Zeichenmedium, Pinsel

Typ/Duktus:

- freie Unterzeichnung

- dünne Linien

Funktion:

- relativ verbindlich für die Malerei; Hauptkonturen, Gesichtszügen und Binnenformen angegeben; keine plastische Wiedergabe

Abweichungen:

- kleine Präzisierungen der Form während des Malprozesses

INTERPRETATION

Zuschreibung:

- Lucas Cranach der Ältere

[Smith, Sandner, Heydenreich, cda 2013]

Bestandskatalog

"Das Bild befindet sich in einem guten Zustand. Die Holztafel ist etwas gewölbt. Inkarnat und Himmel sind etwas stark gereinigt. Einige, zum Teil verfärbte Retouchen im Himmel und im Mantel"

[Koepplin 2003, 127]

Das Gemälde befindet sich in einem guten Erhaltungszustand. Der Bildträger wurde in früherer Zeit am oberen und unteren linken Bildrand beschädigt und ergänzt (oben ca. 18,5 x 2,5 cm; unten ca. 7 x 1 cm). Die Tafel ist ganzflächig leicht gewölbt und partiell durch Anobienfraß geschwächt. Am unteren Rand gibt es einen Einlaufriss. Im Bereich des Pelzes und des Brokatmantels ist die Malschicht geschädigt. Frühschwundrisse gibt es im Bereich der Kopfbedeckung.

*Restaurierungsdokumentation 19??

19?? Paul Pfister

Durchgeführte Maßnahmen:

"Herstellen von 2 Klimavitrinen, Reinigen der Oberfläche, Nachfirnissen der eingeschlagenen Oberfläche mit verdünntem Dammarfirnis"

[Archiv der Sammlung Oskar Reinhart "Am Römerholz", Winterthur, revised 2011]

Restaurierungsdokumentation 1969

1969 Dr. Paolo Cadorin, Basel

Durchgeführte Maßnahmen:

"A) Niederlegen von mehreren kleinen Blasen in der Malschicht besonders in der mittleren Partie des Bildes.

B) Festigung der ganzen Farbschicht

C) Beseitigung mehrerer stark nachgedunkelter störender Retouchen"

[Archiv der Sammlung Oskar Reinhart "Am Römerholz", Winterthur, revised 2011]

Restaurierungsdokumentation 1968

W. Geissmann, Zürich

Durchgeführte Maßnahmen:

Rahmen: alte Fassungen entfernen, neu echt vergolden

[Archiv der Sammlung Oskar Reinhart "Am Römerholz", Winterthur, revised 2011]

Restaurierungsdokumentation um 1925

Kinkelin, München

"Nach Angabe des jetzigen Besitzers sind die Bilder kurz nach ihrem Auftauchen im

Kunsthandel in München (bei Kinkelin) restauriert worden, wobei man wenige Spuren von Uebermalung entfernt hat."

[Koepplin 1973, 66]