Martin Luther als Halbfigur nach rechts

Martin Luther als Halbfigur nach rechts

Titel

Martin Luther als Halbfigur nach rechts

[KKL 2022]

Malerei auf Buchenholz

Mit den Darstellungen Luthers, barhäuptig mit schwarzer Schaube, und Katharina von Boras mit schwarzem, über dem Leib geschnürten Kleid, das wie ihr Haarnetz Brokatbänder als Zierde aufweist, zeigen sich die vorliegenden Tafeln motivisch als typische Vertreter der Bildnisgruppe III.

Die Porträts wurden auf hochrechteckigen, etwa 3–4 mm dünnen Buchenholzbrettchen mit vertikalem

Mit den Darstellungen Luthers, barhäuptig mit schwarzer Schaube, und Katharina von Boras mit schwarzem, über dem Leib geschnürten Kleid, das wie ihr Haarnetz Brokatbänder als Zierde aufweist, zeigen sich die vorliegenden Tafeln motivisch als typische Vertreter der Bildnisgruppe III.

Die Porträts wurden auf hochrechteckigen, etwa 3–4 mm dünnen Buchenholzbrettchen mit vertikalem Faserverlauf ausgeführt, die rückseitig sehr sorgfältig geglättet sind.[2] In die weiße Grundierung der Tafeln sind umlaufend am Rand dünne Linien zur Angabe der Malfläche eingeritzt. Nachfolgend aufgeleimte Rahmenleisten decken den so gekennzeichneten Randbereich ab. Eine Unterzeichnung der Gesichtskonturen ist nicht eindeutig feststellbar.[3] Da die Konturlinien der Köpfe auf den vorliegenden Tafeln mit denen in Eisenach (III.M12a), einer Version in Privatbesitz (III.M14a) und einem vormals in Wittenberg befindlichen, im Zweiten Weltkrieg verschollenen Exemplar (III.M13a) nahezu deckungsgleich sind, kann die Verwendung einer Pause vermutet werden.[4] Obschon die Maltechnik mit wenigen dünnen Schichten, hohen Flächenkontrasten und einzelnen, markant gesetzten Akzenten anderen Werken der Bildnisserie entspricht, hebt sich das Wolfenbütteler Exemplar durch einige Besonderheiten von diesen ab: Das Inkarnat erscheint differenzierter ausgemischt und mit kräftigeren Rot-Nuancen sowie pastosen Weißhöhungen akzentuiert. Die Gesichtszüge wirken markanter.[5] Das Deckhaar ist etwas voluminöser und lockiger gestaltet und der hoch stehende Mantelkragen mit ausgeprägter Spitze sehr prägnant vor dem Hintergrund platziert. Einzigartig erscheint die Ausführung des Signets der Cranach-Werkstatt am linken Bildrand des Luther-Bildnisses als Schlangenkörper ohne Flügel.[6]

Das Wolfenbütteler Doppelbildnis ist eines der wenigen, das sich im Verbund mit seinen ursprünglichen Rahmenleisten erhalten hat.[7] Die frontal vergoldeten Zierleisten wurden auf die Tafelränder der bereits bemalten Bretter aufgeleimt, die Rückseite der Bretter sowie Außenkanten von Tafeln und Rahmen anschließend schwarz gestrichen.[8] Spuren an beiden Rahmen deuten auf frühere Verbindungs- und Verschlusselemente zum Klappen und Verschließen der Tafeln hin.[9] Die Rückseiten beider Bildnisse zeigen am oberen Tafelrand jeweils mittig ein Loch mit den Resten von Metallnägeln, die zur Aufhängung gedient haben könnten.[10]

Der Verbund der Rahmen über Scharniere zu einem Diptychon entsprach einer für Doppelbildnisse dieser Art geläufigen Praxis und ermöglichten ein Auf- und Zuklappen, vergleichbar mit einem Buch.[11] Auf diese Weise waren die Bildnisse geschützt und konnten leicht transportiert werden. Anders als die Mehrzahl der auf diese Weise verbundenen Tafeln weisen die vorliegenden, ebenso wie ihre Varianten innerhalb der Bildnisgruppe III, keine rückseitige Bemalung auf. Dies ermöglichte zweifellos eine schnellere und günstigere Produktion der Tafeln und mag auch als Indiz gedeutet werden, dass sie für eine Anbringung an der Wand bestimmt gewesen waren.[12]

Daniel Görres, Wibke Ottweiler


[1] Vgl. Wenzel / Matthey 2012, S. 63–69, Nr. 8.

[2] Aufgrund des ab etwa 1522 einsetzenden Gebrauchs von Buchenholz als bevorzugtem Bildträger in der Cranach-Werkstatt, der standardisierten Abmessungen und der Beschaffenheit der dünnen, besonders ebenen und glatten Tafeln dieser Bildnisserie wurde mehrfach der Eintritt eines neues Schreiners in die Cranach-Werkstatt um 1520/1522 vermutet. Die Gründe für die Wahl der in dieser Zeit in Europa bis auf wenige Ausnahmen völlig unüblichen Holzart wurden zuletzt von Heydenreich 2017, S. 258–259, in der zeitweisen Verlegertätigkeit Cranachs und der zwischen 1523 und 1526 zusammen mit Christian Döring betriebenen Druckerei vermutet.

[3] Einzig an den Stirnfalten scheinen sich dunkle Linien unter der Inkarnatsfarbe abzubilden. Möglicherweise sind diese mit der Absicht, durch die Malerei hindurch sichtbar zu bleiben, aufgebracht worden. Wenige weitere Formen könnten durch einzelne kurze Striche gekennzeichnet sein, wie dies an Vergleichswerken (III.M15–III.M19*) zu beobachten, beim Wittenberger Exemplar aber nicht eindeutig nachweisbar ist. An den weiteren Exemplaren der Serie (III.M12–III.M14) sind ebenfalls keine eindeutigen Unterzeichnungsspuren feststellbar.

[4] Damit weisen diese vier Versionen einen geringfügig größeren Darstellungsmaßstab auf als die übrigen Exemplare dieser Bildnisserie (III.M11a, III.M12a, III.M13a und III.M14a), die demnach nicht mithilfe einer einzigen Pause hergestellt worden ist. Die beiden Bildnisse zeichnen sich überdies durch ein differenzierter ausgemischtes Inkarnat mit intensiveren Rot-Nuancen an Wangen und Augenlidern sowie den Auftrag von pastosen Weißhöhungen aus (vgl. kunsttechnologischer Untersuchungsbericht von [SE_NMS_5017]). Ob diese besonders qualitätvoll erscheinenden Exemplare (und möglicherweise auch die beiden weiteren zu dieser Untergruppe zählenden Werke III.M13 und III.M14) ohne Zuhilfenahme einer Pause entstanden sein könnten, oder ob hier möglicherweise ein anderes Farbmaterial verwendet wurde, konnte im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden.

[5] Es erscheint damit und in seiner hohen malerischen Qualität vergleichbar mit dem Exemplar in Eisenach (III.M12).

[6] Der Verlust der Flügel durch eine spätere Beschädigung ist angesichts des intakten Bildbereichs auszuschließen. Die fehlenden Schlangenflügel beim Bildnis eines Knaben ([DE_WRMK_WRM874] von 1529 sind vermutlich auf eine spätere Tilgung oder Beschädigung zurückzuführen, wie Farbreste oberhalb des Schlangenkörpers annehmen lassen.

[7] Unter den acht erhaltenen Exemplaren weist ansonsten nur noch das Exemplar aus Schleswig (III.M15) die originalen Rahmen auf.

[8] Die profilierten Leisten (Wasserschlag – Platte) sind auf Gehrung geschnitten und die Ecken durch diagonal eingesetzte Holzstifte stabilisiert.

[9] Leimreste sowie ein ausgekittetes Loch in den einander zugewandten Rahmenschenkeln beider Bildnisse deuten auf ehemals vorhandene Verbindungselemente hin. An den äußeren Rahmenschenkeln verweisen eine eingeschlagene Öse sowie ein Loch, das zur Aufnahme eines Hakens gedient haben könnte, auf einen Verschluss zum Arretieren der zugeklappten Bildtafeln. Auch wenn die heutige Öse nicht ursprünglich sein dürfte, wäre ein in der Funktion vergleichbares Verschlussteil zu erwarten. Vgl. IV.M12 für einen erhaltenen Haken zum Verschließen der über zwei Scharniere verbundenen Tafeln.

[10] Beim Bildnis der Katharina von Bora könnte es sich dem rechteckigen Schaft-Querschnitt nach um einen alten, handgeschmiedeten Nagel handeln, beim Luther-Bildnis ist der deutlich dünnere Nagel jüngeren Datums.

[11] Vgl. etwa Dülberg 1990, S. 65–83.

[12] Eine Anbringung an der Wand legt das Nachlassinventar des Christoph Scheurls aus dem Jahr 1542 nahe, wo Bildnisse Luthers und von Boras unter einer Altane „in der kamer gegen hof“ (zitiert nach Soden 1837, S. 89) angebracht waren. Glaubt man dem Bericht aus den Tischreden Luthers, war ein einzelnes Bildnis Cranachs der Katharina von Bora an der Wand im Hause des Reformators angebracht, vgl. WATr 3, S. 379, Z. 1–6. Für andere in Serie gefertigte Bildnisse fand die Cranach-Werkstatt eine ökonomische Art des Rückseitenschmucks, so etwa bei den um 1532 in hoher Stückzahl gefertigten Doppelbildnisse Friedrichs III. von Sachsens und seines Bruders und Amtsnachfolgers Johann. Die Rückseiten der Friedrich-Bildnisse wurden mit einem gedruckten kursächsischen Wappen beklebt, das sich auf vielen Exemplaren erhalten hat, vgl. etwa [DE_KSW_G7], [DE_smbGG_636], [HU_SMB_1341], [CZ_NGP_DO4573], [CH_KMBe_G0591], [F_MdLP_1181], [UK_BM_SLPictures-271].

Quellen / Publikationen:

Flechsig 1900a, S. 259–260; Meier / Steinacker 1904, S. 161, Nr. 21–22; Friedländer / Rosenberg 1932, S. 60, Nr. 160f.; Friedländer / Rosenberg 1979, S. 108, Nr. 189–190C; Ausst.-Kat. Madrid 2007, S. 297, 314–315, Nr. 127–128; Wenzel / Matthey 2012, S. 63–69, Nr. 8, 9.

Zuschreibungen
Lucas Cranach der Ältere
Lucas Cranach der Ältere und Werkstatt

Zuschreibungen

Lucas Cranach der Ältere

[KKL 2022]

Lucas Cranach der Ältere und Werkstatt

[Wenzel / Matthey 2012, S. 68]

Datierung
1526

Datierung

1526

[datiert, KKL 2022]

Maße
Maße Bildträger: 22,45 x 16,0 x 0,3 - 0,4 cm

Maße

  • Maße Bildträger: 22,45 x 16,0 x 0,3 - 0,4 cm

  • Maße Bildfläche: 18,9 x 12,75 cm

  • [KKL 2022]

Signatur / Datierung

Schlangensignet (ohne Flügel) und Jahreszahl „1526“ mit gelber Farbe am linken Bildrand über Luthers Schulter

Signatur / Datierung

  • Schlangensignet (ohne Flügel) und Jahreszahl „1526“ mit gelber Farbe am linken Bildrand über Luthers Schulter

  • [KKL 2022]

Inschriften und Beschriftungen

Auf der Rückseite: - Klebezettel "Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel"

  • Klebezettel mit Stempel: "Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel" und Inventarnummer "B96"

Inschriften und Beschriftungen

Stempel, Siegel, Beschriftungen:

  • Auf der Rückseite: - Klebezettel "Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel"

    • Klebezettel mit Stempel: "Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel" und Inventarnummer "B96"
  • [Wenzel / Matthey 2012, Nr. 8]

Eigentümer
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Besitzer
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Standort
Wolfenbüttel
CDA ID
DE_HABW_B96
FR (1978) Nr.
FR189-190C
KKL-Nr.
III.M11a, Teil der Bildnisgruppe III
Permalink
https://lucascranach.org/de/DE_HABW_B96/

Provenienz

  • wahrscheinlich aus dem Besitz von Herzog Rudolph August zu Braunschweig-Lüneburg 1702 an die Helmstedter Universitätsbibliothek, nach Auflösung der Universität 1812 von dort nach Göttingen, 1815 nach Wolfenbüttel zurück
  • 1823 erstmals sicher in der Wolfenbüttler Bibliothek belegt
    [Wenzel / Matthey 2012, S. 63–69, Nrn. 8, 9]

Ausstellungen

Madrid 2007/08, Nr. 127f

Quellen / Publikationen

Erwähnt auf Seite Katalognummer Tafel
Cat. Wolfenbüttel 2012 63-69 No. 8 Figs. 8-8.2
Autor/inMichael Wenzel
TitelDie Gemälde der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Ort der VeröffentlichungWiesbaden
Jahr der Veröffentlichung2012
Exhib. Cat. Madrid 2007/2008 297, 314f. No. 127f
Herausgeber/inFernando Checa
TitelDurero y Cranach. Arte y Humanismo en la Alemania del Renacimiento [Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza]
Ort der VeröffentlichungMadrid
Jahr der Veröffentlichung2007
Friedländer, Rosenberg 1979 108 No. 189C
Autor/inMax J. Friedländer, Jakob Rosenberg
Herausgeber/inG. Schwartz
TitelDie Gemälde von Lucas Cranach
Ort der VeröffentlichungBasel, Boston, Stuttgart
Jahr der Veröffentlichung1979
Friedländer, Rosenberg 1932 60 No. 160f
Autor/inMax J. Friedländer, Jakob Rosenberg
TitelDie Gemälde von Lucas Cranach
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1932
Link http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/friedlaender1932

Forschungsgeschichte / Diskussion

Der Reformator ist in Halbfigur nach rechts gewandt vor blauem Hintergrund dargestellt. Sein schwarzer Gelehrtentalar mit aufgestelltem Kragen steht im Gegensatz zum Gesicht, das eine große Detailgenauigkeit aufweist: Er ist unrasiert, deutliche Falten zeigen sich um Augen, Nasenwurzel und auf der Stirn. Diese Anzeichen äußerer Vernachlässigung korrespondieren mit einem fest geschlossenen Mund und einem nach rechts gehenden Blick, der den Betrachter nicht findet und als Zeichen nach innen gekehrter Sicht bei gleichzeitiger Entschlossenheit verstanden werden mag.

[Vgl. Wenzel / Matthey 2012, Nr. 8, 9]

  • Martin Luther als Halbfigur nach rechts, 1526

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Kunsttechnologische Untersuchung

2018 - 2021Technologische Untersuchung

  • Lichtmikroskopische Oberflächenuntersuchung
  • Infrarotreflektografie
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Bildträger

Buche (augenscheinlich). Ein hochrechteckiges, astfreies Brett mit vertikalem Faserverlauf. Die Tafel ist rückseitig sorgfältig geglättet und mit einem dunklen Rückseitenanstrich versehen. Rückseitig oben mittig Loch, darin Schaft eines vierkantigen Metallnagels erhalten (bündig abgetrennt).

Grundierung und Imprimitur

Weiße Grundierung, sorgfältig geglättet. Aufgrund der aufgesetzten Rahmenleisten lässt sich die Beschaffenheit der Grundierkanten nicht beurteilen. [1] Am rechten Bildrand ca. 1mm innerhalb des Rahmenschenkels Ritzlinie in der Grundierung, wohl um die Malfläche zu markieren. [2]

Optisch, auch unter Vergrößerung, zeigen sich keine Hinweise auf eine Imprimitur. In der Röntgenfluoreszenz-Analyse nachgewiesene Bleianteile könnten auf bleihaltige Bestandteile in der Grundierung, ihrer Isolierung oder in Zwischenschichten zurückzuführen sein. [3]

[1] Die Tafel wurde nicht mit dem Rahmen grundiert und bemalt.

[2] Es ist anzunehmen, dass links, oben und unten entsprechende Ritzlinien unter den Rahmenschenkeln verborgen sind.

[3] Vgl. dazu die Ergebnisse der Röntgenfluoreszenz-Analyse, [Analysis-report-XRF].

Unterzeichnung

Sowohl im Infrarotreflektogramm als auch mit bloßem Auge ist partiell eine feine Unterzeichnung mit dunklem Farbmedium nachweisbar (Stirn- und Augenfalten).

Farbschichten und Metallauflagen

. Die einzelnen Farbflächen sind mit geringer Überlappung nebeneinander gesetzt. Zuerst erfolgte die flächige Anlage des Kopfes, im Inkarnat mit einem hellen warm-rosafarbigem Grundton, im Haar mit einem rötlichen Braunton (Abb. Detail-004), der mit breitem Pinsel auf die Grundierung aufgetragen ist. Der streifig lasierende Auftrag mildert die reflektierende Wirkung der weißen Grundierung unterschiedlich stark, was dem darauf folgenden Farbauftrag Lebendigkeit verleiht. Im Inkarnat folgt dann die Modellierung durch unterschiedliche Ausmischung der Inkarnatfarbe mit Weiß (Bleiweiß?), Rot (Zinnober?) und Blau (Azurit?) und den Auftrag von braunen und schwarzen Schattenlasuren. [1] Mit der gleichen braun-grauen Lasur werden auch Falten und Außen- wie Binnenkonturen angegeben sowie der Lippenspalt mit breitem Pinsel streifig unterlegt. Anschließend folgen die Ausarbeitung des Inkarnats mit der Gestaltung von Augen und Mund sowie die weitere Ausmodellierung. Die Augen werden unter Einbezug des Inkarnatgrundtons aufgebaut, wobei zunächst die bereits mit brauner Lasur vormodellierten Augenlider mit hellroten Akzenten plastisch ausgearbeitet werden. Die Iriden sind mit Rotbraun angelegt und die inneren Augenwinkel mit wenig Braunrot akzentuiert. Anschließend ist das umgebende Augenweiß in lockeren Pinselstrichen aufgesetzt. Darüber sind die Iriden schwarzbraun konturiert sowie Pupillen und obere Lidstriche in gleicher Farbigkeit angegeben. Abschließend folgt die Angabe der Wimpern und Augenbrauen in Dunkelbraun sowie eine letzte farbliche Korrektur des Augenweißes mit Hellgrau. Der Mund ist über dem bereits dunkel verschatteten Lippenspalt zunächst mit einem warmen Hellrot angelegt, die dunklere Oberlippe danach nass in nass mit kühlerem, kräftigerem Rot pastos übergangen, die Unterlippe mit Hellrosa leicht gehöht. Abschließend betont eine markante, mittig unterbrochene Linie in Schwarzbraun den Lippenspalt.

Der Hintergrund ist mit lockerem Pinselstrich und markantem Duktus relativ pastos aufgetragen. Der Pinsel folgt dabei den Konturen des Gesichts und überdeckt diese geringfügig (Abb. Detail-006). Die Farbe besteht aus einem sehr fein vermahlenen Kupferblau (Azurit?), das mit einem gröberen Weißpigment (Bleiweiß?) ausgemischt ist. [2]

Das schwarze Gewand ist über der braunen Unterlegung zügig ausgemalt. Zuerst wurden die Flächen in mittlerem Grauton angelegt, bevor mit sehr dünner, aber hochdeckender Farbe die tiefschwarzen Partien ausgeführt wurden. [3] Anschließend erfolgte die Angabe von Kragen, Nähten und Falten durch Ausmischung mit Weiß (Abb. Detail-011). Die Konturen sind zumindest partiell anschließend nochmals mit Schwarz nachgezogen. Auf dem streifig aufgebrachten, rot-braunen Grundton des Haars werden Strähnen und einzelne Härchen in Mittelbraun, Dunkelbraun, und zuletzt in einem Orangebraun angegeben.

Vermutlich abschließend folgt die Aufbringung von Signatur und Jahreszahl in Orange (Abb. Detail-014). Die pastose, blasig wirkende Farbe zeigt bei mikroskopischer Betrachtung charakteristische runde "Krater" in der Oberfläche, ein Phänomen, das bei vielen untersuchten Bildnissen mit orange- oder gelbfarbigen Signaturen zu beobachten ist. [4] Auffällig ist das Fehlen des Flügels am Schlangensignet der Cranach-Werkstatt, das bislang ohne Vergleich ist.

[1] Vgl. dazu die Messergebnisse der Röntgenfluoreszenz-Analyse, [Analysis-report-XRF].

[2] wie Anm. 1.

[3] Die wesentlichen Charakteristika dieser schwarzen Farbe sind eine sehr hohe Deckkraft bei äußerst dünnem Farbauftrag und ein schlechter Malfluss, erkennbar an „ausgefransten“ Pinselstrichen, besonders auffällig in den damit gemalten, ungelenk wirkenden Signaturen und Jahreszahlen. Der mikroskopischen Beurteilung nach ist in allen untersuchten Lutherbildnissen der Cranach-Werkstatt für die schwarzen Bildbereiche (Gewänder, Barett, schwarze Signaturen) ausnahmslos diese Farbe verwendet worden. Für Schattierungen in den Inkarnaten dagegen wurde stets ein anderes Schwarz mit gegensätzlichen Maleigenschaften (geringe Deckkraft, guter Malfluss) eingesetzt.

[4] Hierbei könnte es sich um sog. Protrusionen handeln, ein Schadensphänomen, ausgelöst durch Bleiseifen, die Aggregate in der Malschicht bilden, sich ausdehnen, an die Oberfläche wandern und diese aufbrechen. Je nach Fortschritt des Protrusionsprozesses sind die betroffenen Farboberflächen vermehrt mit weißlichen vergleichsweiße groben Partikeln durchsetzt und / oder durch Krater zerklüftet.

Rahmung

Originaler Rahmen aus Laubholz (augenscheinlich): Auf Gehrung geschnittene, profilierte Leisten, in den Ecken durch eingelassene, diagonal verlaufende Holzstifte [1] stabilisiert. Über dünner weißer Grundierung inneres Profil über orangerotem Poliment blattvergoldet, äußere Platte schwarz gestrichen. Außenseiten ohne Grundierung ebenfalls schwarz gestrichen. Die gefassten Leisten wurden randbündig auf die Holztafel aufgeleimt. Die Außenseiten der vertikalen, zueinander zeigenden Rahmenschenkel der beiden Bildnisse sind vollständig mit stark craquelierten Leimresten bedeckt. Vermutlich war auf diesen Flächen ursprünglich ein Klappmechanismus aufgebracht. [2] In die Außenseite des linken Rahmenschenkels ist mittig ein kleiner metallener Bügel eingeschlagen (Detail-015). Mit einem entsprechenden Häkchen als Gegenstück am Rahmen des Pendants [3] hätten sich die zusammengeklappten Bildnisse so verschließen lassen.

[1] Die Holzstifte sind im Querschnitt rechteckig und etwa 2 mm stark. Reste solcher Holzstifte nach Entfernung der Rahmenleisten auf der Tafel erhalten bei den Tafeln in Eisenach [DE_WSE_M0064] (III.M12b), [DE_WSE_M0065] (III.M12a).

[2] Beispielweise eine Scharniermechanik oder ein Verbindungselement aus einem flexiblen Material wie etwa Leder. Löcher von einer Befestigung mit Nägeln finden sich nicht. Partiell liegen unter dem Leim dünne rote Farbreste.

[3] Auf der Außenseite des rechten Rahmenschenkels des Pendent-Gemäldes [DE_HABW_B94] (III.M11b) verweist ein Loch auf die Anbringung einer verlorenen Verschlussmechanik.

[Untersuchungsbericht Wibke Ottweiler, KKL 2022]

Bildträger

- Bildträger aus einer Holztafel, vermutlich Buche, mit Rückseitenanstrich

Rahmung

- auf die Tafel aufgeleimte, schwarzbraune Leiste mit vergoldeter Profilierung

[Cat. Wolfenbüttel 2012, 63-69, No. 8]

Erhaltungszustand

Datum2018 - 2021

Sehr guter Erhaltungszustand; eines der wenigen Exemplare mit erhaltenem originalen Rahmen und außergewöhnlich gut erhaltener Malschicht. [1]

Holztafel rückseitig oben links marginal eingerissen, Rückseite berieben, Reste einer papiernen Abklebung unten und an den Seitenkanten. Gehrungen leicht geöffnet, z.T. neu verleimt (oben rechts). Mehrere kleinere Fassungsausbrüche am Rahmen. Gleichmäßiges Alterscraquelée der Malschicht in vertikaler Ausrichtung (parallel zum Faserverlauf). Partiell Reste eines älteren verbräunten Firnis im Bildhintergrund sowie wenige Retuschen. Jüngerer Firnis, darin einige längere, diagonal verlaufende feinste Kratzspuren.

[1] Vgl. [DE_SHLM_NONE-005] und [DE_SHLM_NONE-006] (KKL III.M15) als weiteres Doppelbildnis mit jeweils erhaltenen Rahmen.

  • Bearbeiter/in Wibke Ottweiler
  • Craquelé mit besonders stark ausgeprägter vertikaler Sprungbildung

  • Fehlstellen und Retuschen besonders im Hintergrund

  • Bildträger mit Rückseitenschutz behandelt, Holztafel mit Schadstellen, am unteren Rand links und seitlich Reste einer Abklebung

[Cat. Wolfenbüttel 2012, 63-69, No. 8]

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