Das Bildnis zeigt Luther mit schwarzer Schaube und Barett im Brustbild vor hellblauem Grund und mit Blick zum Betrachtenden gerichtet. Es entspricht damit dem in der Cranach-Werkstatt verbreiteten Typus. Ungewöhnlich erscheint die Inschrift des Gemäldes, die das Jahr [15]37 sowie das Alter Martin Luthers mit 54 Jahren angibt und nicht
Das Bildnis zeigt Luther mit schwarzer Schaube und Barett im Brustbild vor hellblauem Grund und mit Blick zum Betrachtenden gerichtet. Es entspricht damit dem in der Cranach-Werkstatt verbreiteten Typus. Ungewöhnlich erscheint die Inschrift des Gemäldes, die das Jahr [15]37 sowie das Alter Martin Luthers mit 54 Jahren angibt und nicht den für einige Werke dieser Bildnisgruppe üblichen Wahlspruch Luthers aus dem Buch Jesaja aufgreift. Auch die geflügelte Schlange als Signet der Cranach-Werkstatt und die Jahreszahl 1529 zeigen eine für Werke des Entstehungszeitraumes ungewöhnliche Formgebung,[1] für die sich mit dem „Bildnis eines Mannes“ in den Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique, Brüssel, bislang nur ein weiteres Beispiel findet.[2] Es könnte sich um die persönliche Handschrift eines Werkstattmitarbeiters, oder auch um eine spätere Zutat handeln.
Das Bildnis ist auf ein hochrechteckiges Buchenholzbrett gemalt, das, entgegen der überwiegenden Mehrzahl der Exemplare dieser Gruppe, eine glatte Rückseite ohne sichtbare Bearbeitungsspuren aufweist.[3] Der jüngste Jahrring des Brettes stammt aus dem Jahr 1526; das Gemälde könnte bei einer Mindestlagerzeit von zwei Jahren ab 1528 entstanden sein.[4] Die aufgebrachte Jahreszahl „1529” könnte demnach dem Herstellungsjahr entsprechen. Weder mit bloßem Auge noch im Infrarotreflektogramm ist eine Unterzeichnung der Gesichtskonturen nachweisbar. Diese könnte jedoch durch das stark ausgeprägte Krakelee optisch überlagert sein.[5] Konturen und Binnenformen erweisen sich als weitgehend deckungsgleich mit den auf 1528–1530 datierten Luther-Bildnissen aus der Cranach-Werkstatt, was den Gebrauch einer Pause zur Übertragung nahelegt.
Die Maltechnik ist aufgrund des äußerst schlechten Erhaltungszustandes nur sehr eingeschränkt zu beurteilen. Im Vergleich mit anderen Bildnissen dieser Gruppe fallen dennoch einige Unterschiede auf: Das Inkarnat erscheint in gelblicherem Grundton, die Lippen dagegen in kühlerem Rot als bei den anderen Werken. Hingegen fehlt das bei allen Vergleichswerken für die Schattenlasuren verwendete Schwarzpigment mit einer größeren und unregelmäßigen Kornform. Stattdessen sind die verschatteten Partien Nass in Nass mit der Inkarnatfarbe ausgemischt. Der Hintergrund in vergleichsweise heller Farbigkeit ist einheitlich deckend aufgetragen und wirkt vergleichsweise wenig lebendig.
Hinsichtlich der Datierung ergibt sich eine Diskrepanz zwischen den auf dem Gemälde vermerkten Angaben. So verweist die Inschrift am oberen Bildrand auf das Jahr „[15]37“, jenem Jahr, in dem Luther tatsächlich 54 Jahre alt war, die Datierung hingegen auf das Jahr 1529. Die Darstellung Luthers entspricht dabei eindeutig dem zwischen 1528 und 1530 gängigen Typus. Da aufgrund der dendrochronologischen Einordnung eine Entstehung des Gemäldes ab 1528 möglich ist, erscheint eine Entstehung ab dem Jahr 1529 plausibel.[6] Die Inschrift dürfte demnach nachträglich aufgebracht worden sein, während die Datierung entstehungszeitlich sein könnte.[7]
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das vorliegende Werk in einigen Aspekten von den zwischen 1528 und 1530 in der Cranach-Werkstatt geschaffenen Luther-Bildnissen abweicht. In Anbetracht des äußerst schlechten Erhaltungszustandes ist eine abschließende Beurteilung der Zuschreibung und Datierung jedoch weder stilkritisch noch kunsttechnologisch möglich.
Daniel Görres, Wibke Ottweiler
[1] Der Schlangenkörper weist einen Rundbogen mehr auf als üblich. Auch die Gestaltung des aufgerichteten Flügels weicht deutlich von allen Vergleichsexemplaren ab. Während die drei bis fünf Spitzen üblicherweise mit tief gebauchten Rundbögen verbunden sind, werden sie hier in gegensätzlicher Rundung spitz zusammengeführt; die üblichen Vertikalstriche im Innern der Flügel sind hier durch mehrere Punkte ersetzt.
[2] Vgl. [BE_MRBAB_2033].
[3] Nur IV.M14 weist ebenfalls eine glatte Rückseite auf. Die Brettstärken sind mit jeweils 0,6 cm identisch.
[4] Nach Klein nutzte man bei Buchenholz normalerweise den gesamten Querschnitt und entfernte nur die Rinde.
[5] Das ausgeprägte Krakelee zeichnet im IRR sehr stark, was die Darstellung feinerer Graunuancen nur eingeschränkt ermöglicht. Dies lässt keine abschließende Beurteilung darüber zu, ob eine Unterzeichnung vorliegt oder nicht.
[6] Eine Lagerungszeit des Holzes von drei Jahren passt zu der durchschnittlichen Lagerungszeit von Buchenholzbrettern in der Cranach-Werkstatt, die bei rund 90% der untersuchten Tafeln zwischen zwei und sechs Jahren beträgt. Vgl. dazu Ottweiler, Wibke: Kunsttechnologische Beobachtungen an den frühen Luther-Gemälden aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. (in Vorbereitung).
[7] Die mikroskopische Untersuchung der Bildinschrift zeigte, dass die Alterskrakeleesprünge einheitlich durch Hintergrundfarbe und Inschrift verlaufen. Gleichzeitig zeigen die in Schwarz aufgesetzten Lettern ein auffälliges Eigenkrakelee, das an Vergleichswerken nicht zu beobachten ist. Teilweise überdecken spätere Ausbesserungen die Malschichtsprünge. Die mikroskopischen Befunde sprechen für eine relativ frühe Hinzufügung der Inschrift.