Martin Luther als Brustbildnis nach rechts

Martin Luther als Brustbildnis nach rechts

Titel

Martin Luther als Brustbildnis nach rechts

[KKL 2022]

Malerei auf Buchenholz (Fagus sp.)

Material / Technik

Malerei auf Buchenholz (Fagus sp.)

[Klein 14.05.1992a]

Die im September 1928 von Ludwig Roselius erworbenen und im heute nach ihm benannten Museum in Bremen aufbewahrten Tafeln stellen typische Beispiele der Bildnisgruppe IV dar, für deren spätere Vertreter ab 1529 die Darstellung der Katharina von Bora mit Fellkragen und Haarnetz charakteristisch ist. Das Luther-Bildnis zeigt den Reformator mit

Die im September 1928 von Ludwig Roselius erworbenen und im heute nach ihm benannten Museum in Bremen aufbewahrten Tafeln stellen typische Beispiele der Bildnisgruppe IV dar, für deren spätere Vertreter ab 1529 die Darstellung der Katharina von Bora mit Fellkragen und Haarnetz charakteristisch ist. Das Luther-Bildnis zeigt den Reformator mit schwarzer Schaube und Kopfbedeckung; das Schlangensignet und die Jahreszahl „1529“ in schwarzer Farbe am linken Bildrand über Luthers Schulter entsprechen ebenso dem gängigen Schema wie die Inschriften der beiden Bildnisse, die hier um die Namen der Dargestellten bzw. deren Kürzel erweitert sind.[1]

Beide Bildnisse sind auf jeweils einem hochrechteckigen, astfreien Buchenholzbrett mit vertikalem Faserverlauf ausgeführt. Die dendrochronologische Untersuchung weist beide Tafeln einem Baumstamm zu, dessen jüngster nachgewiesener Jahrring aus dem Jahr 1524 stammt.[2] Bei einer Nutzung des gesamten Stammquerschnitts sowie einer Mindestlagerungszeit des Holzes von zwei Jahren[3] könnte das Doppelbildnis ab 1526 entstanden sein. Aus demselben Stamm wurden 26 weitere Tafeln gefertigt, darunter die Bildnisse aus Wittenberg (IV.M5), Darmstadt (IV.M6a), Gotha (IV.M11b), Grunewald (IV.M15, Oldenburg (IV.M22), Augsburg (IV.M24a und IV.M24b) sowie eines aus Privatbesitz (IV.M23), die jedoch eine andere Tafelbearbeitung zeigen.[4] Im Unterschied zur Mehrzahl der Exemplare aus Bildnisgruppe IV sind die Bremer Tafeln einheitlich dünn gehalten[5] und rückseitig sehr sorgfältig geglättet.[6] Der Auftrag der fein verstrichenen weißen Grundierung endet wie bei vielen weiteren Gemälden der Gruppe in unregelmäßigen Abständen wenige Millimeter vor den Tafelrändern.[7] Die Unterzeichnung weist in ihren wesentlichen Charakteristika auf die Verwendung einer Pause zur Übertragung der Gesichtszüge hin, deren Gebrauch für weitere Exemplare dieser Bildnisgruppe nachweisbar ist (vgl. die Einleitung zu Bildnisgruppe IV).[8] Die bemerkenswerte Gleichförmigkeit in der Ausführung bei mehreren Exemplaren[9] dieser Bildnisgruppe spiegelt sich auch im Farbauftrag, der nicht nur einem einheitlichen technischen Aufbau folgt, sondern selbst marginale Details wie die Anzahl von Wimpern wiederholt.[10] Einzig der Kragenverschluss von Luthers Schaube ist unterschiedlich ausgeführt; die vorliegende Version formuliert einen einteiligen Verschluss, bestehend aus einem dreieckigen Knebel am Kragenaufschlag.[11]

Die Luther-Tafel weist rückseitig ein appliziertes Schriftstück aus Papier oder Pergament auf, welches mit schwarzer Tinte beschriftet ist: „Gleich wie zu zeiten deß Königs JOSIAE das Gesetzbuch || [wi]derfunden: Also ist auch zu Zeiten HERTZOG JOHANN || [FRI]DERICHEN durch Herrn D. MARTINUM LUTHE = || REM die HEiliGE [Schrift?] widerumb an Tag kommen. || ANNO MDCXIIII.“ Das Blatt trägt an der unteren rechten Ecke die Reste eines runden Wachssiegels, von dem nur das linke obere Viertel erhalten ist, das ursprünglich ein Doppel- oder Allianzwappen gezeigt zu haben scheint. Von dem linken der beiden Wappen sind nur Reste eines steigenden Löwen sowie, seitlich der Helmzier, die Buchstaben „M“ und „B“ sichtbar geblieben.

Bildträger, Charakteristik der Unterzeichnung sowie der Farbaufbau weisen die beiden vorliegenden Tafeln als typische Werke der Cranach-Werkstatt aus, die für die serienmäßige Produktion der Luther-Bildnisse geeignete Praktiken entwickelte.

Daniel Görres, Wibke Ottweiler


[1] Der Wahlspruch Luthers „IN SILENCIO ET SPE ERIT FORTITVDO VESTRA“ entstammt Jesaja 30,15 und wird bei Luther übersetzt als „Durch stille sein und hoffen würdet ir starck sein.“ (WAB 11/1, S. 96). Beim Bildnis Katharina von Boras heißt es: „SALVABITVR PER FILIORUM GENERACIONEM“ (1. Tim. 2,15) in der Übersetzung Luthers: „Sie wirt aber selig werden durch kinder geperen“ (WAB 7, S. 262). Vgl. zu den Inschriften auch den Text zu Bildnisgruppe IV.

[2] Vgl. Klein 14.05.1992a.

[3] Ebd.

[4] Vgl. die dendrochronologische Querauswertung in Ottweiler, Wibke: Kunsttechnologische Beobachtungen an den frühen Luther-Gemälden aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. (in Vorbereitung).

[5] Die Brettstärke beträgt 0,5 cm.

[6] Elf von dreizehn untersuchten Werken der Bildnisgruppe IV weisen eine Brettstärke von mittig ca. 1–1,3 cm auf, sind mit einem Schropphobel nur grob geglättet und mit einem dunklen Rückseitenanstrich versehen.

[7] Möglicherweise wurde zum Grundieren ein temporärer Hilfsrahmen verwendet, der den vollflächigen Grundierungsauftrag zwar verhinderte, aber das unregelmäßige Eindringen des flüssigen Grundes unter die Rahmenleisten ermöglichte, was das Fehlen eines Grundiergrates und die dünn auslaufenden, unregelmäßigen Randbereiche erklärt, vgl. dazu auch Heydenreich 2007b, S. 86–92.

[8] Sowohl die Außen- als auch die wesentlichen Binnenkonturen sind mit einem grau-schwarzen Farbmittel angegeben. Dabei scheinen die feinen Linien abschnittsweise von regelmäßig auftretenden, ca. 1–1,5 mm langen anschwellenden Sequenzen überlagert zu werden, wodurch ein gestrichelt wirkendes Erscheinungsbild entsteht. Im Kinnbereich zeigt sich zudem eine kurze Dopplung der Linien. Beide Merkmale treten bei mehreren Exemplaren (IV.M2–IV.M4, IV.M12, IV.M14, IV.M15) der Bildnisgruppe auf und deuten auf die Verwendung einer Pause hin.

[9] Vgl. IV.M11–IV.M14.

[10] Vgl. dazu die Einleitung und Ottweiler, Wibke: Kunsttechnologische Beobachtungen an den frühen Luther-Gemälden aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. (in Vorbereitung).

[11] Im Gegensatz dazu gibt es Werke mit einer korrespondierenden Schlaufe als Gegenstück und einzelne Exemplare ohne Verschluss, vgl. dazu auch Hänsch / Ottweiler 2022.

Quellen / Publikationen:

Friedländer / Rosenberg 1932, Nr. 251B; Friedländer / Rosenberg 1979, Nr. 312–313C; Klein 1994, S. 199–200; Stamm 2003, S. 69–75; Ausst.-Kat. Bremen 2009, Nr. 6 und 7.

Zuschreibungen
Werkstatt Lucas Cranach der Ältere
Lucas Cranach der Ältere

Zuschreibungen

Werkstatt Lucas Cranach der Ältere

[KKL 2022]

Lucas Cranach der Ältere

[Ausst.-Kat. Bremen 2009, Nr. 6/7]
[Ausst.-Kat. Frankfurt 2007, Nr. 60]

Datierung
1529

Datierung

1529

[datiert, KKL 2022]

Maße
Maße Bildträger: 37,5 x 24,3 x 0,5 cm

Maße

  • Maße Bildträger: 37,5 x 24,3 x 0,5 cm

  • [KKL 2022]

  • Maße mit Rahmen: 56,2 x 42,6 x 5 cm

  • [Petra Klier, Hamburg, Inventarblatt vom 27.09.1992, Werkakte]

  • [Ausst.-Kat. Bremen 2009, Nr. 6/7]

Signatur / Datierung

Schlangensignet und Jahreszahl „1529“ mit schwarzer Farbe am linken Bildrand, über Luthers Schulter

Signatur / Datierung

  • Schlangensignet und Jahreszahl „1529“ mit schwarzer Farbe am linken Bildrand, über Luthers Schulter

  • [KKL 2022]

Inschriften und Beschriftungen

"M . L || IN SILENCIO ET SPE ERIT FORTITVDO VESTRA"
[KKL 2022] Auf der Rückseite der Luther-Tafel …

Inschriften und Beschriftungen

Inschriften, Wappen:

  • "M . L || IN SILENCIO ET SPE ERIT FORTITVDO VESTRA"

  • [KKL 2022]

Stempel, Siegel, Beschriftungen:

  • Auf der Rückseite der Luther-Tafel ein unvollständige erhaltenes Pergament mit Siegel, das ein Wappenschild mit Helmzier und das Monogramm 'MB' zeigt, sowie mit der Aufschrift:

  • "Gleich wie zu Zeiten deß Königs JOSIAE das Gesetzbuch

  • [wi]derfunden Also [ist auch?] zu Zeiten HERTZOG JOHANN

  • [FRI]DERICHEN durch Herrn D. MARTINUM LUTHE =

  • REM die HEILIGE B[IBEL?] wiederumb an Tag kommen.

  • ANNO MDCXIIII."

  • [Museum im Roselius-Haus, revised 2013]

Eigentümer
Freie Hansestadt Bremen, Stadtgemeinde
Besitzer
Kunstsammlungen Boettcherstraße, Bremen
Standort
Bremen
CDA ID
DE_KBSB_B59
FR (1978) Nr.
FR312-313C
KKL-Nr.
IV.M14a, Teil der Bildnisgruppe IV
Permalink
https://lucascranach.org/de/DE_KBSB_B59/

Provenienz

  • von Ludwig Roselius im September 1928 erworben bei Arthur Hauth, Düsseldorf, über Kunsthandel Johannes Hinrichsen, Berlin (Rechnung vom 19.9.1928)
  • 1988 durch die Stadtgemeinde Bremen erworben
    [Ausst.-Kat. Bremen 2009, Nr. 6/7]

Ausstellungen

  • Dresden 1899, Nr. 43
  • Bremen 2009, Nr. 6/7

Quellen / Publikationen

Erwähnt auf Seite Katalognummer Tafel
Cat. Coburg 2018 36, 142 under no. 2
Autor/inKlaus Weschenfelder
TitelCranach in Coburg. Gemälde von Lucas Cranach d.Ä., Lucas Cranach d.J., der Werkstatt und des Umkreises in den Kunstsammlungen der Veste Coburg
Ort der VeröffentlichungRegensburg
Jahr der Veröffentlichung2018
Exhib. Cat. Bremen 2009 6
Herausgeber/inRainer Stamm
TitelLucas Cranach der Schnellste
Ort der VeröffentlichungBremen
Jahr der Veröffentlichung2009
Cat. Bremen 2003 69-75 15
Autor/inRainer Stamm
TitelDie Gemäldesammlung des Roselius-Haus, Kunstsammlungen Boettcherstraße
Ort der VeröffentlichungBremen
Jahr der Veröffentlichung2003
Klein 1994 A 199, 200 Tabs. 8, 10
Autor/inPeter Klein
TitelLucas Cranach und seine Werkstatt. Holzarten und dendrochronologische Analyse
Veröffentlichungin Claus Grimm, Johannes Erichsen, Evamaria Brockhoff, eds.,Lucas Cranach. Ein Maler-Unternehmer aus Franken, Exhib. Cat. Kronach 1994
ReiheVeröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur
Band26
Ort der VeröffentlichungAugsburg, Coburg
Jahr der Veröffentlichung1994
Seiten194-200
Friedländer, Rosenberg 1979 312-313C
Autor/inMax J. Friedländer, Jakob Rosenberg
Herausgeber/inG. Schwartz
TitelDie Gemälde von Lucas Cranach
Ort der VeröffentlichungBasel, Boston, Stuttgart
Jahr der Veröffentlichung1979
Müller Hofstede 1969
Autor/inJulius Müller Hofstede
TitelGutachten vom 12.3.1969, Werkakte
Jahr der Veröffentlichung1969
Friedländer, Rosenberg 1932 251B
Autor/inMax J. Friedländer, Jakob Rosenberg
TitelDie Gemälde von Lucas Cranach
Ort der VeröffentlichungBerlin
Jahr der Veröffentlichung1932
Link http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/friedlaender1932
Winkler, Plambeck 1930 23
Autor/inFriedrich Horst Winkler, Otto Plambeck
TitelDas Roseliushaus in Bremen. Führer und Plan
ReiheSchriften der Böttcherstraße in Bremen
Band3
Ort der VeröffentlichungBremen
Jahr der Veröffentlichung1930
Flechsig 1900 A 261-262, 306
Autor/inEduard Flechsig
TitelCranachstudien
Band1
Ort der VeröffentlichungLeipzig
Jahr der Veröffentlichung1900
Link http://www.archive.org/stream/cranachstudien01flecuoft
Exhib. Cat. Dresden 1899 41-42 043
Herausgeber/inKarl Woermann
TitelDeutsche Kunstausstellung Dresden 1899. Abteilung Cranach-Ausstellung. Wissenschaftliches Verzeichnis der ausgestellten Werke
Ort der VeröffentlichungDresden
Jahr der Veröffentlichung1899
Link http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00002A2400000000

Forschungsgeschichte / Diskussion

"In der Werkakte liegt ein Gutachten Max J. Friedländers vom 30. September 1925 vor: 'Dieses Cranach-Portrait von Luther sowie das Gegenstück, das Bildnis der Frau Luther sind echt signiert, von 1529 datiert u. charakteristische Werke des Meisters.'"

[Exhib. Cat. Bremen 2009, No. 6/7]

  • Martin Luther als Brustbildnis nach rechts, 1529

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Kunsttechnologische Untersuchung

2018 - 2021Technologische Untersuchung

  • Lichtmikroskopische Oberflächenuntersuchung
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Bildträger

Buche [1]. Ein hochrechteckiges, astfreies Brett [2] mit vertikalem Faserverlauf und nahezu stehenden Jahrringen.

Die Tafel ist rückseitig fein geglättet und weder gefast noch gefalzt, Werkspuren markieren sich nicht. Braune Rückseitenlasur.

Am unteren Bildrand ist eine nicht ursprüngliche, knapp 4 cm breite und 1 cm starke Querleiste aus Eichenholz (augenscheinlich) aufgeleimt, am oberen Bildrand fehlt das wohl vormals vorhandene entsprechende Gegenstück heute. [3]

Im oberen Drittel ein etwa 11 x 19 cm großes Papier / Pergament aus dem Jahr 1614 mit einer handschriftlichen Aufschrift. [4]

[1] Peter Klein, Bericht über die dendrochronologische Untersuchung der Gemäldetafel "Martin Luther" (L. Cranach, Inv.-Nr. B 59), 15.05.1992, DE_KBSB_B59_FR312-313C_1992_analysis-report-001.

[2] Brettmaße: 37,5 x 24,1 (oben) - 24,3 (mittig) x 0,3 (Tafelkanten) - 0,5 cm (mittig).

[3] Reste der braunen Lasur sind im Bereich der entfernten Leiste nachweisbar, müssen also älter als diese sein.

[4] Siehe dazu den Eintrag unter "Inschriften, Stempel, Siegel, Beschriftungen".

Grundierung und Imprimitur

Weiße mitteldicke Grundierung, sorgfältig geglättet. Aufliegende Übermalungen verhindern eine sichere Beurteilung der Randbereiche, der Auftrag scheint aber unregelmäßg auszulaufen, oben endet er abschnittsweise bündig mit dem Tafelrand. [1]

Optisch, auch unter Vergrößerung, zeigen sich keine Hinweise auf eine Imprimitur.

[1] Bei einigen Vergleichsexemplaren sind je zwei gegenüberliegende Kanten vollständig randbündig grundiert, während die beiden anderen Kanten einen ungrundierten Rand aufweisen. Meist findet sich kein ausgeprägter Grundiergrat. Vorstellbar ist, dass die Tafeln zur Grundierung temporär in zwei Nutleisten eingeschoben wurden. Die Grundierung scheint dabei zwischen Nutleisten und Tafel eingelaufen zu sein, was den unregelmäßigen Verlauf nicht ganz bis zum Rand erklärte. Ein ursprünglich möglicherweise schwach ausgeprägter Grundiergrat könnte anschließend geglättet worden sein.

Unterzeichnung

Im Infrarotreflektogramm, aber auch mit bloßem Auge, ist die feine Unterzeichnung der Gesichtskonturen deutlich sichtbar. [1] Sowohl die Außen- als auch die Binnenkonturen sind in gleichmäßig dünnem Strich angegeben. Die feinen Linien scheinen abschnittsweise von regelmäßig auftretenden ca. 1-2 mm langen anschwellenden Sequenzen überlagert zu werden, wodurch ein gestrichelt wirkendes Erscheinungsbild entsteht. Außerdem treten vereinzelt Doppelkonturen auf, so zum Beispiel am Kinn, wo sich zwei Linien treffen und am Schnittpunkt um wenige Millimeter überlappen. [2] Zudem zeigt die Überblendung der unterzeichneten Gesichtskonturen mehrerer Exemplare dieses Bildnistyps in absoluter Größe eine hohe Übereinstimmung wesentlicher Linien. [3] Diese Merkmale deuten auf die Verwendung einer Pause hin. [4]

[1] Die Sichtbarkeit der Unterzeichnung dürfte durch eine altersbedingte Transparenzerhöhung des Bleiweißanteils im Inkarnat verstärkt worden sein.

[2] Vergleichbare Phänomene sind auch an [DE_KSVC_M417] (KKL IV.M2a), [DE_KSW_G559] (KKL IV.M3a), [DE_NLMH_PAM973] (KKL IV.M4a), [DE_MHB_1a] (KKL IV.M12a), [DE_SPSG_GKI50476] (KKL IV.M15), [CH_KMBe_592] (KKL IV.M20a) zu beobachten.

[3] Am Objekt durch Umzeichnung nachgewiesen bei KKL IV.M1, IV.M2a, IV.M5a, IV.M12a, IV.M14, IV.M15, IV.M17, IV.M18, IV.M20a. Durch digitale Überblendung geprüft bei IV.M1-IV.M23.

[4] Vgl. dazu auch die Ausführungen im KKL-Begleitband (in Vorbereitung).

Farbschichten und Metallauflagen

Die einzelnen Farbflächen sind mit geringer Überlappung zügig nebeneinander gesetzt [1] und in folgender Reihenfolge aufgebaut:

Zuerst erfolgte die flächige Anlage des Kopfes, im Inkarnat mit einem hellrosafarbenen Grundton. Das Deckhaar ist anschließend mit breitem Pinsel in streifigem Auftrag halbdeckend braun unterlegt. Auch Schaube und Barett sind in gleicher Weise angelegt. Im Inkarnat erfolgte darauf die Feinmodellierung mit weich vertriebenen Lasuren, die in Wangen, Nase und Augenlidern stärker rot ausgemischt sind. Außen- und Binnenkonturen sind halbdeckend braun angelegt. Die weiteren Schattenlasuren sind braun-schwarz ausgemischt. [2]

Der Mund ist rot angelegt, wobei die Oberlippe etwas kräftiger und dunkler ausgemischt ist als die Unterlippe. Anschließend sind die Mundwinkel braun-grau lasierend angegeben und darüber der Lippenspalt braun-schwarz betont.

Die Iriden wurden zunächst in Hellbraun flächig angelegt. Eine graue Lasur, die quer zum Strich vertrieben ist, gibt das Volumen an, das schließlich mit einer dunkelbraunen Konturlinie und kurzen, quer zur Kontur gesetzten Pinselstrichen ausgearbeitet wurde. Die Pupillen sind ebenfalls in Dunkelbraun aufgesetzt und partiell nochmals mit schwarz akzentuiert. Je zwei pastose sichelförmige Pinselstriche dienen als Lichtreflexe auf der rechten Seite der Iriden. Weitere kleine Lichtreflexe beleben den inneren Augenwinkel des rechten Auges. Die Augäpfel sind allein durch wenige pastose Weißhöhungen über dem Grundton des Inkarnats angegeben. Wimpern und oberer Lidstrich sind abschließend dunkelbraun aufgesetzt.

Die Ausführung des Hintergrundes erfolgte mit leuchtend blauer Farbe, die aus einem sehr fein gemahlenen Blaupigment mit vereinzelten gröberen Partikeln und Weiß ausgemischt ist. Der Pinselduktus ist besonders in den Grenzbereichen zum Inkarnat markant, wo der Pinselstrich den Gesichtskonturen folgt. Der insgesamt recht unregelmäßige Farbauftrag in Kombination mit der vergleichsweise hohen Viskosität der Farbe bewirkt, dass die Grundierung immer wieder durch die Farbe hindurch scheint und dem Hintergrund so einen lebendigen Charakter verleiht. Der Farbauftrag endet am oberen Rand einige Millimeter innerhalb der Tafelfläche. Seitlich verhindern flächige Übermalungen die Beurteilung der Randbereiche.

Das schwarze Gewand wie auch das Barett sind über der braunen Unterlegung mit Schwarz und Weiß nass in nass modelliert, wobei das Volumen sowie die Angabe von Kragen, Nähten und Falten durch stärkere Ausmischung mit Weiß erreicht werden. Die Konturen sind anschließend partiell mit Schwarz nachgezogen.

Die Haarlocken sind danach zunächst mit einem breiteren Pinsel angelegt und darüber einzelne Härchen mit dem Spitzpinsel pastos aufgesetzt.

Die Signatur der Cranachwerkstatt und die Jahreszahl 1529 sind in schwarzer Farbe an den linken Bildrand gesetzt. Der Körper der nach rechts gerichteten geflügelten Schlange besteht aus mehreren aneinander gesetzten Rundbögen. Die Farbe scheint von schlecht fließender Konsistenz gewesen zu sein, so dass sich der Pinsel mehrfach aufgespalten hat und längere geschwungene Formen offenbar nicht flüssig umsetzbar waren. Auch die Jahreszahl wirkt eher ungelenk, wofür ebenfalls die Farbbeschaffenheit ursächlich sein dürfte. Ein entscheidender Vorteil der schwarzen Farbe, die auch für Gewänder und Barett Verwendung fand, mag die extrem hohe Deckkraft gewesen sein, für die wohl das äußerst feine Schwarzpigment (Ruß? [3]) verantwortlich ist.

[1] Je nach Bereich war die zuvor gemalte Farbfläche bereits getrocknet oder noch feucht.

[2] Das verwendete sehr grobkörnige Schwarzpigment zeigt im Mikroskopbild die charakteristische Morphologie von Pflanzenschwarz.

[3] Zur Verwendung von Ruß als Schwarzpigment in der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. vgl. auch Heydenreich, Gunnar, Lucas Cranach The Elder. Painting materials, techniques and workskop practice, Amsterdam (2007), 162 - 164.

Rahmung

Neuer Rahmen.

[Untersuchungsbericht Wibke Ottweiler, KKL 2022]

14.05.1992Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Holzartenbestimmung / Dendrochronologie

Bildträger

Holzartenbestimmung: Buche

Jüngster Jahrring: 1521

[Klein Bericht, 14.05.1992]

  • analysiert von Peter Klein

1981 - 1992Technologische Untersuchung / Naturwissenschaftliche Materialanalyse

  • Holzartenbestimmung / Dendrochronologie

Bildträger

Einteilige Buchenholztafel

175 Jahrringe, beim Vergleich mit der Standardchronologie ließ sich die Jahrringkurve zwischen die Jahre 1521 und 1547 einordnen.

Die Tafel gehört demselben Baum wie Cranachs Bildnis Katharina von Bora zu (Kunstsammlungen Böttcherstraße, Inv. B60, DE_KBSB_B60_FR312-313C), dessen jüngster Jahrring (von insgesamt 128) aus dem Jahr 1524 stammt.

Bei einer Mindestlagerzeit von zwei Jahren könnte das Gemälde ab 1526 entstanden sein.

Weiterhin lassen sich diesem Baum die Tafeln "Kardinal Albrecht als Hl. Hieronymus", Gemäldegal. Berlin-Dahlem, DE_smbGG_589_FR184; "Apollo und Diana", Gemäldegalerie Berlin-Dahlem, DE_smbGG_564_FR271; "Das Urteil des Paris", Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, DE_SKK_0109_FR255.

[Dr. Peter Klein 1981, Bericht über die dendrochronologischen Untersuchungen an den Tafeln "Martin Luther" und "Katharina von Bora" durchgeführt am 3.11.1981; Dr. Peter Klein 1992, Bericht über die dendrochronologischen Untersuchungen der Gemäldetafel "Martin Luther", Werkakte]

Rahmung

Alter roter Schildplatt-Rahmen, verglast

[Museum im Roselius-Haus, revised 2013]

  • Bearbeiter/in Daniel Görres

Erhaltungszustand

Datum2018 - 2021

Insgesamt vergleichsweise guter Erhaltungszustand. Bis auf eine mäßige konvexe Verwölbung mit einer Amplitude von maximal 1 cm auf die Tafelbreite von 24,3 cm ist die Tafel in einem sehr guten Zustand. [1] Die Malschicht weist ein gleichmäßiges Alterscraquelée auf. Die vergleichsweise deutliche Sichtbarkeit der Unterzeichnung durch die Inkarnatfarbe hindurch ist wenigstens bedingt auf ein Transparentwerden des Bleiweißanteils zurückzuführen.

Die Oberfläche der Malerei scheint nur im Bereich des Hintergrundes geringfügig verputzt zu sein; besonders gut sichtbar ist dies an den einzelnen Härchen, die auf die blaue Farbe aufgesetzt sind. Durch eine zu starke Reinigung ist die dünne braune Farbe auf den Höhen des Pinselduktus deutlich reduziert worden. Partielle Malschichtverluste treten in den Randbereichen auf. Hier finden sich auch Retuschen unterschiedlicher Restaurierungsphasen und Reste eines stark vergilbten Firnisses. Weitere vereinzelte Retuschen markieren sich in Hintergrund und Gewand. Ein neuer, leicht milchig-trüber Firnis ist in vertikal verlaufenden Bahnen verhältnismäßig dick mit einem breiten Pinsel aufgetragen worden.

[1] Die Verwölbung beschränkt sich auf die obere Bildhälfte, wo die stabilisierende Eichenholzleiste am oberen Tafelrand fehlt. Offenbar konnte mit der am unteren Bildrand noch vorhandenen Querleiste eine Verwölbung in diesem Bereich erfolgreich verhindert werden.

  • untersucht von Wibke Ottweiler

Datum04.02.2013 -

Leicht gewölbte Tafel

[Museum im Roselius-Haus, revised 2013]

  • Bearbeiter/in Daniel Görres

Restaurierungsgeschichte

Datum2006

  • 2006: Atelier Hoffmann, Bremen: konservatorische Arbeiten am Gemälderahmen

[Museum im Roselius-Haus, revised 2013]

  • restauriert von Atelier Hoffmann

Datum1980

  • 1980: Renate Kant, Hamburg: konservatorische Arbeiten

[Museum im Roselius-Haus, revised 2013]

  • restauriert von Renate Kant

Versionen

Bildträger aus dem selben Baum gefertigt

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

Eintrag mit Autor
<Autorenname>, 'Martin Luther als Brustbildnis nach rechts', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/DE_KBSB_B59/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
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'Martin Luther als Brustbildnis nach rechts', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/DE_KBSB_B59/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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