Martin Luther als Brustbildnis nach rechts

Martin Luther als Brustbildnis nach rechts

Titel

Martin Luther als Brustbildnis nach rechts

[KKL 2022]

Malerei auf Buchenholz (Fagus sp.)

Material / Technik

Malerei auf Buchenholz (Fagus sp.)

[Klein 22.05.2020, sowie ergänzend Klein 23.02.2021]

Das Bildnis zeigt Luther mit schwarzer Schaube und Barett im Brustbild vor hellblauem Grund und mit Blick zum Betrachtenden gerichtet. Es entspricht damit dem in der Cranach-Werkstatt verbreiteten Typus. Ungewöhnlich erscheint die Inschrift des Gemäldes, die das Jahr [15]37 sowie das Alter Martin Luthers mit 54 Jahren angibt und nicht

Das Bildnis zeigt Luther mit schwarzer Schaube und Barett im Brustbild vor hellblauem Grund und mit Blick zum Betrachtenden gerichtet. Es entspricht damit dem in der Cranach-Werkstatt verbreiteten Typus. Ungewöhnlich erscheint die Inschrift des Gemäldes, die das Jahr [15]37 sowie das Alter Martin Luthers mit 54 Jahren angibt und nicht den für einige Werke dieser Bildnisgruppe üblichen Wahlspruch Luthers aus dem Buch Jesaja aufgreift. Auch die geflügelte Schlange als Signet der Cranach-Werkstatt und die Jahreszahl 1529 zeigen eine für Werke des Entstehungszeitraumes ungewöhnliche Formgebung,[1] für die sich mit dem „Bildnis eines Mannes“ in den Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique, Brüssel, bislang nur ein weiteres Beispiel findet.[2] Es könnte sich um die persönliche Handschrift eines Werkstattmitarbeiters, oder auch um eine spätere Zutat handeln.

Das Bildnis ist auf ein hochrechteckiges Buchenholzbrett gemalt, das, entgegen der überwiegenden Mehrzahl der Exemplare dieser Gruppe, eine glatte Rückseite ohne sichtbare Bearbeitungsspuren aufweist.[3] Der jüngste Jahrring des Brettes stammt aus dem Jahr 1526; das Gemälde könnte bei einer Mindestlagerzeit von zwei Jahren ab 1528 entstanden sein.[4] Die aufgebrachte Jahreszahl „1529” könnte demnach dem Herstellungsjahr entsprechen. Weder mit bloßem Auge noch im Infrarotreflektogramm ist eine Unterzeichnung der Gesichtskonturen nachweisbar. Diese könnte jedoch durch das stark ausgeprägte Krakelee optisch überlagert sein.[5] Konturen und Binnenformen erweisen sich als weitgehend deckungsgleich mit den auf 1528–1530 datierten Luther-Bildnissen aus der Cranach-Werkstatt, was den Gebrauch einer Pause zur Übertragung nahelegt.

Die Maltechnik ist aufgrund des äußerst schlechten Erhaltungszustandes nur sehr eingeschränkt zu beurteilen. Im Vergleich mit anderen Bildnissen dieser Gruppe fallen dennoch einige Unterschiede auf: Das Inkarnat erscheint in gelblicherem Grundton, die Lippen dagegen in kühlerem Rot als bei den anderen Werken. Hingegen fehlt das bei allen Vergleichswerken für die Schattenlasuren verwendete Schwarzpigment mit einer größeren und unregelmäßigen Kornform. Stattdessen sind die verschatteten Partien Nass in Nass mit der Inkarnatfarbe ausgemischt. Der Hintergrund in vergleichsweise heller Farbigkeit ist einheitlich deckend aufgetragen und wirkt vergleichsweise wenig lebendig.

Hinsichtlich der Datierung ergibt sich eine Diskrepanz zwischen den auf dem Gemälde vermerkten Angaben. So verweist die Inschrift am oberen Bildrand auf das Jahr „[15]37“, jenem Jahr, in dem Luther tatsächlich 54 Jahre alt war, die Datierung hingegen auf das Jahr 1529. Die Darstellung Luthers entspricht dabei eindeutig dem zwischen 1528 und 1530 gängigen Typus. Da aufgrund der dendrochronologischen Einordnung eine Entstehung des Gemäldes ab 1528 möglich ist, erscheint eine Entstehung ab dem Jahr 1529 plausibel.[6] Die Inschrift dürfte demnach nachträglich aufgebracht worden sein, während die Datierung entstehungszeitlich sein könnte.[7]

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das vorliegende Werk in einigen Aspekten von den zwischen 1528 und 1530 in der Cranach-Werkstatt geschaffenen Luther-Bildnissen abweicht. In Anbetracht des äußerst schlechten Erhaltungszustandes ist eine abschließende Beurteilung der Zuschreibung und Datierung jedoch weder stilkritisch noch kunsttechnologisch möglich.

Daniel Görres, Wibke Ottweiler


[1] Der Schlangenkörper weist einen Rundbogen mehr auf als üblich. Auch die Gestaltung des aufgerichteten Flügels weicht deutlich von allen Vergleichsexemplaren ab. Während die drei bis fünf Spitzen üblicherweise mit tief gebauchten Rundbögen verbunden sind, werden sie hier in gegensätzlicher Rundung spitz zusammengeführt; die üblichen Vertikalstriche im Innern der Flügel sind hier durch mehrere Punkte ersetzt.

[2] Vgl. [BE_MRBAB_2033].

[3] Nur IV.M14 weist ebenfalls eine glatte Rückseite auf. Die Brettstärken sind mit jeweils 0,6 cm identisch.

[4] Nach Klein nutzte man bei Buchenholz normalerweise den gesamten Querschnitt und entfernte nur die Rinde.

[5] Das ausgeprägte Krakelee zeichnet im IRR sehr stark, was die Darstellung feinerer Graunuancen nur eingeschränkt ermöglicht. Dies lässt keine abschließende Beurteilung darüber zu, ob eine Unterzeichnung vorliegt oder nicht.

[6] Eine Lagerungszeit des Holzes von drei Jahren passt zu der durchschnittlichen Lagerungszeit von Buchenholzbrettern in der Cranach-Werkstatt, die bei rund 90% der untersuchten Tafeln zwischen zwei und sechs Jahren beträgt. Vgl. dazu Ottweiler, Wibke: Kunsttechnologische Beobachtungen an den frühen Luther-Gemälden aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä. (in Vorbereitung).

[7] Die mikroskopische Untersuchung der Bildinschrift zeigte, dass die Alterskrakeleesprünge einheitlich durch Hintergrundfarbe und Inschrift verlaufen. Gleichzeitig zeigen die in Schwarz aufgesetzten Lettern ein auffälliges Eigenkrakelee, das an Vergleichswerken nicht zu beobachten ist. Teilweise überdecken spätere Ausbesserungen die Malschichtsprünge. Die mikroskopischen Befunde sprechen für eine relativ frühe Hinzufügung der Inschrift.

Zuschreibungen

Werkstatt Lucas Cranach der Ältere

Zuschreibungen

[KKL 2022]

Werkstatt Lucas Cranach der Ältere

[unveröffentlichtes Gutachten F. Decker, 28.02.1979, Stadt- und Waagenmuseum Oschatz, Werkakte, Inv.-Nr. III/457/K1]

Datierung
ab 1529

Datierung

ab 1529

[KKL 2022]

Maße
Maße Bildträger: 36,0 cm x 23,0 cm x 0,65 cm

Maße

  • Maße Bildträger: 36,0 cm x 23,0 cm x 0,65 cm

  • [KKL 2022]

Signatur / Datierung

Schlangensignet mit aufgerichteten Flügeln und Jahreszahl „1529“ am rechten Bildrand in schwarzer Farbe

Signatur / Datierung

  • Schlangensignet mit aufgerichteten Flügeln und Jahreszahl „1529“ am rechten Bildrand in schwarzer Farbe

  • [KKL 2022]

Inschriften und Beschriftungen

"ANNO.D[OMI]NI. || XXXVII. || D MARTINVS LVT- || HER. ÆTAT: || SVÆ 54."
[KKL 2022] Rückseite: Papieretikett …

Inschriften und Beschriftungen

Inschriften, Wappen:

  • "ANNO.D[OMI]NI. || XXXVII. || D MARTINVS LVT- || HER. ÆTAT: || SVÆ 54."

  • [KKL 2022]

Stempel, Siegel, Beschriftungen:

  • Rückseite: Papieretikett mit handschriftlicher Aufschrift (Kugelschreiber): "Cranach d.A. gemalt 1529" sowie durchgestrichen "Inventar ß und II - Seite 199 - Iventar No. V1K."; am unteren Rand direkt auf dem Holz handschriftlich mit schwarzem Filzstift "III / 457 / K1"

  • [KKL 2022]

Eigentümer
Stadt- und Waagenmuseum Oschatz
Besitzer
Stadt- und Waagenmuseum Oschatz
Standort
Oschatz
CDA ID
DE_SWMO_III-457-K1
FR (1978) Nr.
FR-none
KKL-Nr.
IV.M17, Teil der Bildnisgruppe IV
Permalink
https://lucascranach.org/de/DE_SWMO_III-457-K1/

Provenienz

  • entstammt der Sammlung des 1897 gegründeten Vereins für Ort- und Volkskunde zu Oschatz
    [KKL 2022]
  • Martin Luther als Brustbildnis nach rechts, ab 1529

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Kunsttechnologische Untersuchung

2018 - 2021Technologische Untersuchung

  • Lichtmikroskopische Oberflächenuntersuchung
  • Infrarotreflektografie
  • Holzartenbestimmung / Dendrochronologie
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Bildträger

Buche (augenscheinlich). [1] Ein hochrechteckiges, astfreies Brett [2] mit vertikalem Faserverlauf und nahezu stehenden Jahrringen. Der jüngste nachweisbare Jahrring des Brettes datiert ins Jahr 1526. [3] Nach Klein nutzte man bei Buchenholz normalerweise den gesamten Querschnitt und entfernte nur die Rinde. Auf dieser Basis könnte das Gemälde bei einer Mindestlagerzeit von zwei Jahren ab 1528 entstanden sein.

Die 6 – 6,5 mm starke Tafel ist rückseitig fein geglättet und weder gefast noch gefalzt. [4] Vereinzelt markieren sich im Streiflicht 1 mm schmale, vertikal verlaufende Stege, die von einem Zahnhobel oder einer Scharte in einem geraden Hobeleisen stammen könnten. Von einem dunklen Rückseitenanstrich sind nur noch vereinzelt stark gedünnte Reste erhalten, die bis an die Tafelaußenkanten reichen. [5]

[1] Dazu auch Peter Klein, Bericht über die dendrochronologische Untersuchung der Gemäldetafel "Martin Luther" (Stadt- und Waagenmuseum Oschatz), 22.05.2020, sowie die Ergänzung zum Bericht vom 23.02.2021, DE_SWMO_III-457-K1_FR-none_2020_analysis-report-dendro-001, DE_SWMO_III-457-K1_FR-none_2020_analysis-report-dendro-002.

[2] Brettmaße: 35,9 cm (mittig) - 36,0 cm x 22,9 cm (oben) - 23,0 cm x 0,6 cm (rechts) - 0,65 (mittig, links) cm.

[3] Wie Anm. 1.

[4] Der äußerste rechte Tafelrand ist auf einer Breite von etwa 10 – 13 mm im oberen Teil verhältnismäßig roh und über die gesamte Länge etwas nach außen verjüngt. Möglicherweise handelt es sich um die kernzugewandte Seite, die nach der radialen Spaltung die geringste Brettstärke aufwies und beim anschließenden Hobeln auf 6 mm Stärke nicht „erfasst“ wurde.

[5] Ob es sich dabei um einen ursprünglichen Anstrich handelt, ist nicht feststellbar.

Grundierung und Imprimitur

Weiße Grundierung, fein geglättet, umlaufend bündig bis zum Tafelrand aufgetragen, partiell bis zu 1 mm über diesen hinaus.

Optisch, auch unter Vergrößerung, zeigen sich keine Hinweise auf eine Imprimitur.

Unterzeichnung

Im Infrarotreflektogramm ist keine Unterzeichnung darstellbar. Dies könnte aber zumindest bedingt mit dem stark ausgeprägten Craquelée zusammenhängen, welches im IRR sehr stark zeichnet und die Darstellung feinerer Graunuancen nur eingeschränkt ermöglicht. Dies lässt keine abschließende Beurteilung darüber zu, ob eine Unterzeichnung vorliegt oder nicht.

Farbschichten und Metallauflagen

Die Maltechnik ist aufgrund des äußerst schlechten Erhaltungszustandes der Malerei kaum beurteilbar. Im Vergleich mit anderen 1529 datierten Lutherbildnissen aus der Cranach-Werkstatt fallen einige Unterschiede auf: Das Inkarnat erscheint in gelblicherem Grundton, die Lippen dagegen in kühlerem Rot als bei Vergleichswerken. Das auffällig grobe Schwarzpigment, das bei allen Vergleichswerken für die Schattenlasuren verwendet wurde, ist hier nicht zu finden. Stattdessen erscheinen die verschatteten Partien nass in nass mit der Inkarnatfarbe ausgemischt. Der Hintergrund ist vergleichsweise hell ausgemischt und weniger lebendig aufgetragen. Schaube und Barett scheinen auf brauner Unterlegung flächig in Schwarz ausgeführt zu sein. Eine möglicherweise ursprünglich vorhanden gewesene Ausmodellierung der Fläche ist vollständig verloren.

Die geflügelte Schlange als Signet der Cranachwerkstatt und die Jahreszahl 1529 sind in deutlich abweichender Formgebung an den rechten Bildrand gesetzt. Der Schlangenkörper weist einen Rundbogen mehr auf als die bekannten Vergleichsexemplare. Auch die Gestaltung des aufgerichteten Flügels weicht deutlich von allen Vergleichsexemplaren ab: Während die 3 – 5 Spitzen üblicherweise mit tief gebauchten Rundbögen verbunden sind, werden sie hier in gegensätzlicher Rundung spitz zusammengeführt; die üblichen Vertikalstriche im Innern der Flügel sind hier durch mehrere Punkte ersetzt. Auch die Jahreszahl ist mit der als "j" ausgeführten "1" anders dargestellt als üblich. In dieser spezifischen Ausführung zeigen Signet und Jahreszahl große Ähnlichkeit zu einem anderen Werk der Cranach-Werkstatt, dem ebenfalls 1529 datierten Brüsseler "Bildnis eines Mannes" [BE_MRBAB_2033].

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Maltechnik in einigen Aspekten von der an anderen 1528-1530 in der Cranach-Werkstatt geschaffenen Lutherbildnissen abzuweichen scheint. In Anbetracht des äußert schlechten Erhaltungszustandes ist eine sichere und abschließende Beurteilung mit den bei dieser Untersuchung verwendeten Methoden nicht möglich.

Rahmung

Ohne Rahmen.

[Untersuchungsbericht Wibke Ottweiler, KKL 2022]

Erhaltungszustand

Datum2018 - 2021

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Während die Holztafel bis auf eine verhältnismäßig starke konvexe Krümmung gut erhalten ist, befindet sich die Malschicht in einem sehr schlechten Zustand. Die gesamte Oberfläche zeigt ein ausgeprägtes Schadensbild, das wohl auf den früheren Eintrag eines zu starken Lösungsmittels zurückzuführen sein dürfte. Während das Craquelée dadurch überall stark erweitert und durch eingedrungenes Fremdmaterial (Übermalung, Schmutz und / oder verfärbtes Bindemittel) extrem verdunkelt ist, erscheinen besonders die dunklen, naturgemäß bindemittelreichen Farbpartien oberflächlich angelöst und entbehren jetzt jeglicher malerischer Differenzierung. Ob die Farbigkeiten der einzelnen Flächen verändert sind oder in ihrer ursprünglichen Farbgebung erscheinen, ist nicht sicher zu beurteilen. Auffällig ist der stark gelbliche Farbton des Inkarnats. Größere Fehlstellen wurden mit farbigen Retuschen in ihre Umgebung integriert. (Vgl. etwa Abb. Detail-013)

  • untersucht von Wibke Ottweiler

Versionen

Zitieren aus dem Cranach Digital Archive

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<Autorenname>, 'Martin Luther als Brustbildnis nach rechts', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/DE_SWMO_III-457-K1/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})
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'Martin Luther als Brustbildnis nach rechts', <Titel des Dokuments, Feldeintrags oder der Abbildung>, [<Datum des Dokuments oder der Abbildung>], in: Cranach Digital Archive, https://lucascranach.org/de/DE_SWMO_III-457-K1/ (zuletzt aufgerufen am {{dateAccessed}})

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